Nowak: Taylor-Prozess wird nicht der letzte sein

"Kriegsverbrechen nicht ungestraft lassen"

Supermodel Naomi Campbell könnte als Zeugin im Kriegsverbrecherprozess den ehemaligen Präsidenten von Liberia, Charles Taylor, ins Gefängnis bringen. Der Leiter des Luwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, Manfred Nowak, ist zuversichtlich, dass damit nicht der letzte Kriegsverbrecher für seine Taten hinter Gitter wandert.

"Auch Staats- und Regierungschefs vor Gericht bringen"

UNO-Sonderberichterstatter gegen Folter und Leiter des Luwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, Manfred Nowak, im Morgenjournal-Gespräch mit

Lebenslang für Taylor

Nowak arbeitete nach den Jugoslawien-Kriegen als Richter des internationalen Gerichtshofs in Bosnien-Herzegowina und ist seit sechs Jahren UNO-Sonderberichterstatter gegen Folter. Im Ö1-Interview meint Nowak zum aktuellen Prozess gegen Taylor: "Wenn die Beweise stimmen, dann war Charles Taylor einer der Hauptdrahtzieher hinter den schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die in Sierra Leone begangen wurden. Und dann wäre lebenslang durchaus ein mögliches Strafmaß."

Auch Bashir wird noch ausgeliefert

Nowak ist auch zuversichtlich, dass der ebenfalls zahlreicher Kriegsverbrechen in Darfur beschuldigte sudanesische Präsident Bashir an das UNO-Tribunal in Den Haag ausgeliefert wird. Das dauere eben seine Zeit, so Nowak, und die UNO könne nicht stärker sein als ihre Mitgliedsstaaten. Derzeit sträube sich der Sudan noch wie auch andere afrikanische Staaten, aber das sei auch in anderen Fällen so gewesen, wie etwa im Fall Karadzic.

"Irgendwann" auch Mladic

Auch auf Ratko Mladic, verantwortlich gemacht für das Massaker von Srebrenica, wartet Den Haag noch immer. Dass Mladic noch immer nicht gefunden sei, führt Nowak auf einen Fehler der internationalen Gemeinschaft zurück. Seinerzeit hätte man Mladic gemeinsam mit Karadzic binnen eines Tages in der Republika Srpska festnehmen können. Doch damals seien insbesondere die USA und Frankreich dagegen gewesen, was sich in der Zwischenzeit geändert habe. Es sei also nicht unmöglich, "dass irgendwann auch Ratko Mladic zur Verantwortung gezogen wird".

"Straflosigkeit bekämpfen"

Dass es so lange dauert, bis Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden, führt Nowak auf massive politische Opposition zurück. "Wenn jemand einen Ladendiebstahl begeht, wird er in der Regel vor Gericht gestellt. Und wenn jemand schwerste Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begeht, dann bekommt er oft Amnestie oder wird gar nicht erst angeklagt, weil sich die politischen Machthaber nicht anlegen wollen." Nowak ruft alle Staaten auf, "die Straflosigkeit zu bekämpfen, weil Straflosigkeit eine der wichtigsten Gründe ist, warum weiterhin Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden."

"Viel erreicht"

Die UNO hat derzeit mehrere Straftribunale eingerichtet: für Ex-Jugoslawien, Ruanda, Sierra Leone, Kambodscha und den generellen Internationalen Strafgerichtshof. Das Bestehen dieser Tribunale sei derzeit keine Geldfrage, weil dafür Geldmittel bereitgestellt werden müssten, sondern das sei eine reine Frage des politischen Willens. Nowak zieht eine positive Bilanz der bisherigen Arbeit der UNO-Straftribunale seit Beginn der 1990er-Jahre: "Wir haben sehr viel erreicht, um endlich mit dem Prinzip der Straflosigkeit zu brechen und die Hauptverantwortlichen, auch Staats- und Regierungschefs, vor Gericht zu bringen." Da seien wichtige Präzedenzfälle geschaffen worden, und das gelte es jetzt in anderen Fällen umzusetzen.

Blutdiamant als Geschenk

Supermodel Naomi Campbell soll am Donnerstag im Kriegsverbrecherprozess gegen den ehemaligen Präsidenten von Liberia Charles Taylor als Zeugin aussagen. Die Anklage wirft Taylor vor, als Präsident von Liberia in den 1990er Jahren Waffen an blutrünstige Rebellen im Nachbarland Sierra Leone geliefert zu haben. Dafür sei er mit Diamanten bezahlt worden - sogenannten Blutdiamanten. Einen dieser Diamanten soll er Naomi Campbell nach einem Abendessen geschenkt haben. Es gibt dafür viele prominente Zeugen, unter anderen die Schauspielerin Mia Farrow.

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