Opposition ausgeschaltet

Präsidentenwahl in Ruanda

Ruanda wählt heute zum zweiten Mal seit dem Völkermord vor 16 Jahren einen neuen Präsidenten. Der neue wird zweifellos der alte sein: Paul Kagame, einer der einflussreichsten Politiker des afrikanischen Kontinents, der sein kleines Land im Herzen Afrikas mit nahezu uneingeschränkter Macht regiert.

Morgenjournal, 09.08.2010

Opposition in Angst

Kagame hat aus Ruanda mit seien neun Millionen Einwohnern ein Wirtschaftswunderland gemacht. Investoren und Geberländer finden das boomende Entwicklungsland attraktiv: Sie finden dort kaum Korruption, es herrschen Ordnung und Effizienz. Doch Präsident Kagame duldet keinen Widerspruch - nicht gegen sein Regierungsprogramm, nicht gegen seine Politik. Die Opposition lebt in Angst.

Regierungskritiker tot

"Wähle, wähle Kagame!", mahnt der Wahlsong. Kagame wird auch gewinnen. Kein Wunder, denn echte Konkurrenten hat Ruandas Präsident nicht zugelassen. Die Ermordung eines prominenten Oppositionspolitikers und der Tod eines unabhängigen Journalisten waren Ende Juni Höhepunkte einer Serie mysteriöser Angriffe auf Kritiker der Regierung. Diese weist jeden Verdacht von sich. Es seien private Fehden gewesen, wird erklärt und im übrigen auf Ruandas demokratische Maßstäbe verwiesen.

Gegenkandidaten ohne Chance

Zu Unrecht, sagt Alexander Stroh, Ruandaexperte am Hamburger Giga-Institut. Demokratisch sei allenfalls der technische Ablauf der Wahl, denn die Opposition werde von der Regierung mit allen Mitteln behindert. So kommt es, dass zwar drei Kandidaten gegen Kagame antreten, aber es sind politische Freude ohne reelle Chancen.

Liebling der Geberländer

Den Schrecken der Vergangenheit zurücklassen und vorwärts, zu einem Modellstaat Afrikas - das ist Paul Kagames Vision. Der wirtschafts- und entwicklungspolitische Erfolg Ruandas scheint ihm Recht zu geben. Geberländer seien erstaunlich freizügig und bereit, bei Demokratie und Menschenrechten Abstriche zu machen. Ein Grund dafür ist neben dem wirtschaftlichen Aufschwung auch stabile Sicherheitssituation, sagt Alexander Stroh.

"Ruhe" statt Frieden

Mit dem Argument "Sicherheit" rechtfertigt Kagame daher auch seine autoritäre Herrschaft. Stabil ist Ruanda deshalb noch lange nicht, sagt Alexander Stroh, allenfalls ruhig und von oben streng diszipliniert. Ein Hindernis für echte Entspannung ist vor allem auch Kagames Strategie der totalen Negation des ethnischen Gegensatzes anstelle von Aufarbeitung und Versöhnung. Im Ostkongo schüren radikale Exilgruppen den Konflikt zudem weiter. Und vom vielgelobten Wirtschaftswachstum profitieren vor allem die städtischen Eliten: Ruanda gehört schon heute weltweit zu den Ländern mit der größten Ungleichverteilung von Wohlstand.