Wolkenhimmel

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Memo

"So stelle ich mir den Himmel vor …"

Das Jenseits im Wandel der Zeit.

Die "alten Germanen" hofften angeblich nach ihrem Heldentod auf ein ewiges Trinkgelage in Walhall. Buddhistinnen und Buddhisten wollen im Nirvana dem ewigen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt entkommen. Und einen gläubigen Muslim erwarten, so heißt es, 70 Jungfrauen.

Die Vorstellungen vom Jenseits sind also höchst unterschiedlich, wohl sehr individuell, zweifellos religiös und kulturell geprägt, und sie unterliegen im Lauf der Geschichte. Das gilt für den Himmel ebenso wie für die Hölle einem gewissen Wandel.

Lehramtliche Entscheidungen

Im Christentum hat sich zusätzlich schon früh die Vorstellung von einem Vorhof zur Hölle entwickelt: dem Limbus. Bei Vätern und Müttern sorgte er oft für Verzweiflung - denn: Sollte ihr Kind sterben, bevor es getauft werden konnte, dann kam es zwar nicht in die Hölle (es hatte ja noch nicht gesündigt), aber auch nicht in den Himmel (denn die Taufe galt als heilsnotwendig), sondern für alle Ewigkeit in den Limbus.

Diese Lehre wird in der römisch-katholischen Kirche heute nicht mehr offiziell unterstützt. Das hat Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 entschieden. Das zeigt aber auch: Das Jenseits kann bis heute Gegenstand lehramtlicher Entscheidungen sein.

Geschürte Angst

Die Angst vor der Hölle wurde oft regelrecht geschürt: Dabei ging es um das Seelenheil ebenso wie um soziales Wohlverhalten. Außerdem ließ sich daraus Kapital schlagen (Stichwort Ablasshandel). Die Suche nach einem "gerechten Gott" wurde daher zum zentralen Motiv der Reformation im 16. Jahrhundert. Heute scheint die vage Hoffnung auf einen besseren Ort jenseits des Todes am weitesten verbreitet zu sein - oft verbunden mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen mit geliebten Menschen, die "uns vorausgegangen sind".

Theologisch betrachtet ist der christliche Himmel ein Ort der Gottesnähe. So wird auch das alte Bild vom Gericht heute im Sinne einer Vollendung des Menschen in der göttlichen Liebe gedeutet. Die Hölle ist in diesem theologischen Bild ein Ort der Gottesferne - in die sich der Mensch selbst verbannt. Die Tore zur Hölle wären demnach auf ewig verschlossen, allerdings von innen.

Faszination

Auf Künstlerinnen und Künstler hat die Hölle stets eine besondere Faszination ausgeübt. Bei Jean-Paul Sartre werden die Menschen einander zur ewigen Qual. Nikos Kazantzakis lässt hingegen die Seelen im Himmel bei Gott um Gnade für die Seelen in der Hölle flehen: Wer kann schon die ewige Herrlichkeit genießen - im Wissen um so viel Leid?

Im Christentum ist also auch die Idee einer "All-Erlösung" präsent. Die Hölle gibt es, aber sie könnte leer sein, hat der katholische Theologe Hans Urs von Balthasar schon vor Jahrzehnten gemutmaßt. Kritisiert wird er dafür in besonders frommen Kreisen bis heute - weit über seinen Tod hinaus.

Gestaltung

  • Markus Veinfurter