Brände rund um AKW und Atommülllager
Kampf gegen radioaktive Bedrohung
Die Einsatzkräfte kämpfen in Russland weiter gegen die Gefahr eines Übergreifens der Waldbrände auf Atomanlagen und radioaktiv verseuchte Gebiete des Landes. In der Ural-Stadt Osersk, wo das große Atommüllaufbereitungs- und Lagerungszentrum Majak liegt, ist eine Krisensitzung geplant.
8. April 2017, 21:58
Angst vor radioaktivem Rauch
Bürgermeister Viktor Trofimtschuk rief für Osersk wegen der nahen Brände den Ausnahmezustand aus. Damit seien etwa Picknicks in den Stadtparks und umliegenden Wäldern verboten, wie die Staatsagentur Ria Nowsoti meldete. Die Feuerwalze nähert sich nach Angaben russischer Behörden immer wieder bedrohlich den Atomanlagen des Landes. Experten befürchten aber vor allem, dass die Waldbrände radioaktiv verseuchte Böden aufwirbeln und das Strahlengift in andere Regionen tragen. Vergangene Woche hatte in der Nähe der Atomwaffenschmiede Sarow der Wald gebrannt.
Entwarnung in Brjansk
Am Sonntag näherte sich das Großfeuer dem Kernforschungszentrum Sneschinsk nahe Tscheljabinsk im Ural. Die Feuer wurden gelöscht. Auch im Gebiet Brjansk, wo die Böden seit der bisher schlimmsten Atomkatastrophe 1986 in Tschernobyl besonders radioaktiv belastet sind, gab es zunächst Entwarnung. Die Flammen seien erstickt, die Messwerte in der Luft hätten keine erhöhte Radioaktivität ergeben, teilten die Behörden mit.
Behördenleiter will beruhigen
Der Direktor des Instituts für sichere Atomenergie, Leonid Boloschow, warnte vor Panikmache. Die Atommülldeponien im Land seien durch einen mehrschichtigen Mantel aus Beton und Metall geschützt, so dass Feuer sie kaum beschädigen könne, sagte er.
AKWs brauchen Kühlung
Gefahren für Atomkraftwerke durch die Waldbrände in Russland sieht hingegen der Risikoforscher Wolfgang Kromp. In der "ZiB2" sagte der Leiter des Instituts für Risikoforschung an der Universität Wien, dass von der bedrohten atomaren Wiederaufbereitungsanlage Majak nicht die Hauptgefahr ausgehe, bedrohlicher sei ein anderes Problem. So seien in den vergangenen Tagen aufgrund der Brände zwei Transformator-Anlagen explodiert. Dies könne "böse ausgehen", weil Atomkraftwerke auch Strom von außen benötigen. Wenn in einem abgeschalteten AKW für das radioaktive Material keine Kühlung möglich sei, dann sei ein Schwerstunfall möglich.
Volle Leichenhäuser
Vor allem der Smog wird für die Bewohner der großen Städte in Zentralrussland aber zu einer immer größeren Belastung. Die Leichenhäuser sind voll, die Krematorien nehmen keine neue Körper mehr zur Verbrennung an. Hitze und Smog haben die Sterblichkeit um ein vielfaches in die Höhe getrieben - erst wollte es niemand offiziell bestätigen, jetzt streiten die Gesundheitsbehörden der Stadt Moskau und das landesweite Gesundheitsministerium darüber, ob die Sterblichkeit sich verdoppelt oder gar verdreifacht hat. Die häufigste Todesursache sind Herzinfarkte. Der Montag hat den Moskauern etwas Erleichterung gebracht, die Temperaturen sind auf nicht mehr als 35 Grad gestiegen und leichter Wind hat den Smog in Teilen der Stadt aufgelöst. Das kann sich aber jederzeit wieder ändern.
Morgenjournal, 10.08.2010
Wirtschaftliche Folgen
Präsident Dmitrij Medwedew hat am Montag ein kleines Dorf in der russischen Teilrepublik Mari El an der Wolga besucht, eine Region, die von den Feuern besonders betroffen ist. Dabei hat er Feuerwehrleute und Soldaten für ihre Arbeit im Kampf gegen die Flammen ausgezeichnet und gleichzeitig angekündigt, untätige Beamte, die keine ausreichenden Maßnahmen gegen die Feuer ergreifen, würden hart bestraft.
Gleichzeitig wächst die Kritik am Krisenmanagment der Regierung und vor allem daran, dass seit der letzten Serie von Bränden im Jahr 2002 nichts unternommen wurde, um eine ähnliche Entwicklung zu verhindern.
Ministerpräsident Wladimir Putin hat angekündigt dass das Exportverbot für Getreide über den 31. Dezember weiter in das nächste Jahr verlängert werden könnte. Damit reagiert er auf die Nachrichten, dass die Weizenernte noch schlechter ausfallen dürfte als erwartet, starke Preisanstiege für Mehl und Brot in Russland sollen durch das Exportverbot verhindert werden.