Experte: Wäre ohne Mehrkosten möglich

Schule soll Sozialkompetenz vermitteln

Vor allem wegen der steigenden Gewalt unter Jugendlichen wäre es dringend notwendig, in der Schule Sozialkompetenz zu vermitteln, sagt der Bildungscoach Eric Adler. Statt Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern müssten dringend konkrete Probleme des Unterrichts gelöst werden, sagt Adler. Und das müsse weder zusätzliche Unterrichtszeit, noch mehr Geld kosten.

Mittagsjournal, 25.08.2010

Geänderte Familienstrukturen

Soziale Kompetenz, das bedeutet die Fähigkeit zu lernen, wie man mit sich und anderen umgeht, wie man gemeinsam lebt und arbeitet. Im noch heute oft verklärten antiken Unterrichtssystem der alten Griechen sei das eine selbstverständliche Aufgabe der Lehrer gewesen, sagt Eric Adler, ein in Österreich führender Coach für Sozialkompetenz und Persönlichkeitsentwicklung: Damals sei nicht nur Fach- sondern auch Lebensbildung weitergegeben worden. Aufgrund der Masse der Menschen, die später gebildet werden mussten und konnten, habe man sich darauf beschränkt, das Fach-Knowhow zu transportieren und habe der Familie die Aufgabe überlassen, soziale Kompetenzen weiterzugeben. Doch die Familienstrukturen hätten sich verändert und die Familien könnten diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. "Deswegen haben wir von Jahr zu Jahr eine ganz deutliche Verschlechterung der Sozialkompetenz bei den Jugendlichen."

Gleicher Zeit- und Kostenaufwand

Und die Verschlechterung der Sozialkompetenz erzeugt wieder Probleme, von der mangelnden Konzentrationsfähigkeit bis hin zu Gewalt an den Schulen - eine Art sozial verwilderte Generation von Kindern und Jugendlichen, die nichts Richtiges mit sich und anderen anzufangen weiß. Hier müsse die Schule in die Bresche springen, und das würde weder mehr Zeitaufwand, noch mehr Kosten noch mehr Lehrer bedeuten, meint Eric Adler.

Konstruktiv arbeiten lernen

Adler hat seine Methode in Zusammenarbeit mit Sozialministerium und Wirtschaftskammer schon erfolgreich an teilweise schwierigen Schulen und Lehrlingsausbildungsstätten angewendet. Sein Beispiel: Der Mathematiklehrer gibt seinen Schülern eine Gruppenarbeit, eine Rechenaufgabe. Das besondere daran: Er könnten den Schülern den Gebrauch der Worte "nicht", "Falsch" und "Fehler" untersagen. "Dann sind die jungen Menschen gezwungen, konstruktiv zu arbeiten statt jeden gegenseitig auf Fehler aufmerksam zu machen."

Später im Leben leichter tun

Ein anderes Beispiel: Zwei Drittel der Erwachsenen haben heutzutage Probleme, vor anderen Menschen frei zu sprechen. Das bringt Nachteile im Berufsleben. Schuld daran sei unter anderem, dass bei Referaten im althergebrachten Schulunterricht nur der oft auswendig gelernte und mühsam vorgebrachte Inhalt beurteilt wird, wo doch nachweislich 80 Prozent der Wirkung durch die Art des Vortrags erzielt würden, so Adler: "Sinnvoll wäre hier mit den Schülern zu trainieren: Wie erzeuge ich Ausstrahlung? Wie wirke ich auf andere, wie kann ich das bewusst steuern? Mimik, Gestik, etc.. Sicherheit erzeugen. Dann würden sie sich auch im späteren Leben leichter tun."

Persönlichkeiten entwickeln

Das müsse alles fächerübergreifend geschehen, meint Coach Eric Adler, der zwar für ein einschlägiges Schulbuch, aber gegen ein eigenes Schulfach "Sozialkompetenz" ist und stattdessen kostenloses Informationsmaterial anbieten will: "Es würde nicht mehr Geld kosten als bisher. Es kostet keine einzige zusätzliche Unterrichtsstunde. Auch die Lehrer würden sich wieder entwickeln im Bereich soziale Fähigkeit, weil sie es mit den Schülern gemeinsam leben. Und es ist die einzige Möglichkeit, nachhaltig Persönlichkeiten bei den Schülern zu entwickeln."

Und es würde wohl Schüler wie Eltern allemal mehr interessieren als die Frage, ob jetzt der Bund oder die Länder für die Lehrer zuständig sind.