Vorwurf der Veruntreuung

Platzt Prozess gegen Chirac?

Der frühere französische Staatspräsident Jacques Chirac ist seit Oktober vorigen Jahres wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt. Er soll als Bürgermeister der Hauptstadt Paris Personen bezahlt haben, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung für die Stadtverwaltung erbringen mussten. Jetzt scheint es, als würde der Prozess platzen.

Der Prozess ist für Ende des Jahres vorgesehen. Jetzt hat die satirische Wochenzeitung "Le Canard enchainé" in Erfahrung gebracht, dass Anfang Oktober in Paris die Sozialistische Stadtregierung über einen Beschluss abstimmen wird, die Klage gegen Jacques Chirac fallen zu lassen. Im Gegenzug müssten Jacques Chirac und seine Partei den entstandenen finanziellen Schaden wieder gut machen. Da der Staatsanwalt seine Klage bereits zurückgezogen hat, wird der Prozess gegen den ehemaligen französischen Präsidenten höchstwahrscheinlich nicht stattfinden.

Mittagsjournal, 25.08.2010

Bezahlung ohne Gegenleistung

Seit 30. Oktober des Vorjahres ist es offiziell: Jacques Chirac muss vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen als Bürgermeister von Paris öffentliche Gelder veruntreut zu haben.
Im Klartext sollen in seiner Amtszeit eine Reihe von Personen als «Chargés de mission» formell als Mitglieder seines Mitarbeiterstabs bezahlt worden sein.

Diese etwa 20 Personen hatten jedoch in Wirklichkeit ganz andere Aufgaben. Zum Beispiel wurde der Fahrer eines Senators der Partei von Jacques Chirac auf diese Weise von der Stadt Paris bezahlt; oder die Sekretärin eines Abgeordneten wurde nicht von der Partei oder von dem Abgeordneten bezahlt, sondern aus dem Budget der Stadt Paris. Eine andere Sekretärin arbeitete für die Partei RPR, Vorgänger Partei der UMP.
Diese Fälle soll es gegeben haben bis der Sozialist Bernard Delanoe Bürgermeister von Paris wurde.

Prozesstermin 2011

Die Stadt Paris erstattete Anzeige und trotz mehrerer versuche das Verfahren einzustellen kam das unvermeidliche. Jacques Chirac wurde unter Anklage gestellt. Denn die Untersuchungsrichterin war der Meinung, dass solange es einen Zivilkläger gibt, der Prozess stattfinden müsste, selbst wenn die Staatsanwaltschaft ihre Klage zurückgezogen hatte. Jacques Chirac ist nicht mehr Präsident, genießt also keine Immunität mehr. Der Prozess ist für Anfang nächstes Jahr anberaumt.

Klage wird möglicherweise zurückgezogen

Diese Woche hat die satirische Wochenzeitschrift, le Canard Enchainé, herausgefunden, dass es ein geheimes Abkommen zwischen der Stadt Paris und der UMP Partei, von Nicolas Sarkozy und Jacques Chirac gibt.

Demnach sollen die Partei und Jacques Chirac den entstandenen Schaden wieder gut machen. Die Partei müsste 1,6 Millionen Euro an die Stadt Paris bezahlen, Jacques Chirac die verbleibenden 550 Tausend aus eigener Tasche. Dann würde die Stadt Paris ihre Klage zurückziehen. Und der Prozess nicht stadtfinden, da der Staatsanwalt bereits voriges Jahr die Klage hat fallen lassen.

Abtausch mit Sozialisten

Die Stadt Paris hat bereits bestätigt, dass es Ende September oder Mitte Oktober eine Abstimmung über die Klage gegen den ehemaligen Präsidenten geben werde. Und hat die Information des Canard Enchainé nicht dementiert.

Die Französische Presse fragt sich jetzt, warum die Sozialistische Partei den ehemaligen Präsidenten auf diese Weise verschont. Das Abkommen soll auf höchster Ebene abgeschlossen worden sein. Woraus Kommentatoren bereits schließen, dass auch die französische sozialistische Partei ihre Leichen im Keller hat.