Österreich hat zu viele Spitäler und Akutbetten

Spitalskosten steigen dramatisch

Die Spitalskosten in Österreich steigen dramatisch, so der Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger Hans Jörg Schelling. Laut aktuellen Zahlen werden die Krankenhäuser heuer 11,3 Milliarden Euro kosten. In drei Jahren sind die Spitalsausgaben um 16 Prozent gewachsen. Schelling und zwei Gesundheitsökonomen erläutern Gründe und Gegenmaßnahmen.

Mittagsjournal, 26.08.2010

Demographische Gründe

Wer in Österreich krank ist, landet deutlich leichter im Spital als in anderen europäischen Ländern. 27 Prozent der Österreicher werden jährlich im Spital behandelt, im EU-Schnitt sind es nur 15 Prozent. Und der Trend zu Spitalsbehandlungen gehe ungebrochen weiter, sagt Gesundheitsökonom Ernest Pichelbauer.
"Die Demographie zeigt, wir werden immer älter. Aber alte Menschen haben vielfältigste Probleme. Niedergelassenen Ärzten ist es nicht möglich, ordentliche Betreuungsangebote zu entwickeln."

Zu viele Akutbetten

Der Anstieg der Spitalskosten liege auch am medizinischen Fortschritt, sagt Hauptverbandspräsident Hans-Jörg Schelling: "Wir haben in Österreich eine sehr ungünstige Struktur. Wir haben 6,1 Akutbetten pro tausend Einwohner. Im europäischen Schnitt sind es 3,4 Akutbetten." Dass diese Betten immer gut genutzt werden, das liege vor allem auch im Interesse der Bundesländer, so Ernest Pichelbauer:
"Die Länder sind für die Spitäler zuständig und werden dort kein Spital schließen wollen."

Weniger, aber größere Spitäler

In den Ländern werde viel zu kleinräumig gedacht, glaubt auch Gesundheitsökonom Bernhard Schwarz. Das führe dazu, dass es viel zu kleine Spitäler gebe, die zu wenig spezialisiert seien.
"Wir brauchen auf weniger Standorten größere Einheiten." Akutbetten sollten in Pflegebetten umgewandelt werden, kleine Spitäler sollten sich spezialisieren, fordern die Gesundheitsökonomen. Dem schließt sich auch Hauptverbandspräsident-Schelling an. Dafür brauche es eine grundlegende Änderung der jetzigen Struktur. "Unser Ziel ist, auf Bundesebene eine gemeinsame Steuerung, Planung, Koordination und Finanzierung zu halten."
Das heißt konkret: Die grundlegenden Kompetenzen betreffend Spitäler – wie Anzahl und Verteilung der Betten- sollte nicht mehr in Länderhand liegen.

Länder gegen Kompetenzverlust

Allerdings haben sich die Länder bisher immer erfolgreich dagegen gewehrt, Kompetenzen abzugeben. Wie zuletzt auch die Diskussion um die Lehrer. Und so glaubt Bernhard Schwarz auch nicht, dass es im Spitalsbereich schnell zu einer Änderung kommen werde: "Solange die Länder beim Finanzausgleich ausreichend mit Geld vom Bund ausgestattet werden, wird von Länderseite nicht genug Druck da sein." Derzeit sei der Druck offenbar noch nicht groß genug. Das glaubt auch Ernest Pichlbauer. Eine Änderung könne wohl nur ein echter Versorgungsengpass bringen, so der Gesundheitsökonom. Hauptverbandspräsident Schelling ist optimistischer. Aufgrund des finanziellen Drucks hätten die Länder bereits erkannt, dass es zu Änderungen kommen müsse.