Fekter fordert erneut Anwesenheitspflicht
Koalition streitet um Asylpolitik
Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) sieht in der steigenden Anzahl von Asylanträgen ein Alarmsignal. Für August erwartet man im Innenministerium 1.300 Anträge. Fekter pocht daher wieder einmal auf ihre alte Forderung - die Anwesenheitspflicht für Asylwerber. Die SPÖ bleibt skeptisch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.08.2010, 13 Uhr
1.300 Anträge im August erwartet
Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) sieht den dramatischen Anstieg vor allem in der Differenz zu den ersten sechs Monaten des Jahres. Da wären die Antragszahlen im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel zurückgegangen. Im Schnitt hat es in diesem Zeitraum etwa 800 Anträge pro Monat gegeben. Seit Juli sind die Zahlen nach Aussagen der Innenministerin wieder dramatisch angestiegen, vor allem im August. Da hätte es an einem Tage beispielsweise 110 neue Anträge gegeben. Das sei ein Alarmsignal, sagt Fekter. Daher poche sie darauf, dass die Anwesenheitspflicht mit den Koalitionspartner rasch verabschiedet wird. Der Grund: Wenn sich die Anzahl der Asylanträge weiter so steigern würden, dann käme man mit den Kapazitäten nicht mehr aus, sagt Fekter. Sie will raschere Verfahren - mit einer Anwesenheitspflicht der Asylwerber.
Eine Woche Anwesenheitspflicht
Die Anwesenheitspflicht würde eine Woche (7 Tage) dauern, sagt Fekter. In dieser Zeit könne abgeklärt werden, ob Österreich für den Flüchtling zuständig ist oder nicht. Dafür sei es notwendig, dass der Asylwerber mitwirkt und daher auch anwesend ist.
SPÖ laut Fekter prinzipiell einverstanden
In dieser Frage sei man in den Verhandlungen mit der SPÖ schon sehr weit, sagt die Innenministerin. Differenzen gebe es noch bei einigen Einzelmaßnahmen, etwa in der Frage, welche Maßnahmen gesetzt werden, wenn Asylwerber sich nicht zur Verfügung halten würden.
Mittagsjournal, 30.08.2010, 13 Uhr
SPÖ: Mitwirkungs- statt Anwesenheitspflicht
Man sei in Verhandlungen mit dem Innenministerium, was die Behandlung der Asylswerber betrifft, sagt Norbert Darabos, der SPÖ-Verhandler in Asylfragen. Die SPÖ wolle eine verfassungskonforme Position durchbringen, betont Darabos. Die SPÖ würde nicht von einer Anwesenheitspflicht, sondern von einer Mitwirkungspflicht sprechen. Der Asylwerber müsse aktiv an seinem Verfahren teilnehmen - etwa die Untersuchungen begleiten und mit den Behörden zusammenarbeiten. In dieser Hinsicht sei es möglich sich zu einigen. Anwesenheitspflicht im Sinne von Wegsperren sei der falsche Weg und nicht verfassungskonform, sagt Darabos. Dringenden Handlungsbedarf sieht Darabos derzeit nicht. Steigende Zahlen eines Monats seien nicht aussagekräftig, das müsste man über einen längeren Zeitraum beobachten.
Die SPÖ sieht kein "Alarmsignal"
Dringenden Handlungsbedarf sieht Darabos daher derzeit nicht. Die Zahl der Asylanträge sei in den letzten Monaten vehement gesunken (minus 33 Prozent). Wenn im August die Zahl der Anträge gestiegen ist, so ist das nach Aussagen von Darabos alleine noch nicht aussagekräftig, das müsste man über einen längeren Zeitraum beobachten.
Mittagsjournal, 30.8.2010, 13 Uhr
Hilfsorganisationen sind nicht besorgt
Auch die Hilfsorganisationen sehen keinen alarmierenden Anstieg von Asylanträgen. Zum einen gebe es in Österreich heuer so wenige Asylanträge wie seit Jahren nicht mehr - nämlich 7.300. Im Vorjahr waren es insgesamt 15.800. Zum Vergleich: Mitte der 90er Jahre hatte es jährlich etwa 40.000 Anträge um Asyl gegeben. Außerdem gibt es nach Ansicht der Hilforganisationen derzeit noch ausreichend Kapazitäten, Flüchtlinge unterzubringen.
Christoph Riedl von der evangelischen Hilfsorganisation "Diakonie" sagt, die steigende Zahl von Asylanträgen sei kein Alarmsignal, denn die Flüchtlingszahlen seien zuvor stark gesunken. "Ein reiches Land wie Österreich könne das locker verkraften", sagt Riedl. Im zweiten Halbjahr seien die Antragszahlen oft höher als im ersten, sagt Riedl, das sei eine natürliche Schwankungsbreite.
Die beiden Erstaufnahmezentren in Traiskirchen und Thalham melden derzeit 361 bzw 97 belegte Betten. Damit seien sie jedenfalls noch lange nicht an den Grenzen ihrer Kapazitäten, sagen die Hilfsorganisationen.