Musikalische Zeitreise im Kino

The Doors - When You’re Strange

Schon 1991 hat Wallstreet-Regisseur Oliver Stone einen Spielfilm über The Doors gedreht, der von den überlebenden Bandmitgliedern wegen zahlreicher Verzerrungen kritisiert wurde. Jetzt bringt der amerikanische Independent-Regisseur Tom DiCillo eine Dokumentation heraus, die ganz auf Authentizität setzt.

Kultur aktuell, 31.08.2010

Furioser Auftakt

So wünscht man sich den Einstieg als Musiker: Der allererste Song, den Gitarrist Robby Krieger je geschrieben hat - noch dazu übers Wochenende - schaffte gleich den Sprung auf Platz eins der amerikanischen Hitparade. "Light my Fire" provozierte durch seinen Text und verblüffte durch einen nie gehörten Sound.

Manzareks hypnotische Linke

Verantwortlich dafür war Keyboarder Ray Manzarek, der in seinem Spiel Rock und Jazz verschmolz, aber auch Bossa Nova Anklänge integrierte. Und noch etwas anderes gab es, meint Regisseur Tom DiCillo, was die Songs der Doors unverwechselbar machte: "Sie hatten keinen Bassisten und so übernahm Keyboarder Ray Manzarek die Basslinie. Weil er aber gleichzeitig mit seiner rechten Hand die Melodie spielte, musste sie einfach sein. Es war also fast so wie das sonore Brummen, das man aus der indischen oder arabischen Musik kennt und hatte auch die gleiche hypnotische Wirkung."

Originalmaterial

Regisseur Tom DiCillo verlässt sich in seinem Porträt ganz auf die Bild-und Tondokumente der damaligen Zeit. Konzertmitschnitte, Nachrichtensendungen und Interviews. Darunter eines, in dem Jim Morrison provokant ins Mikrofon raunt, dass es heutzutage wohl nur Politikern und Attentätern gegeben sei, zu Superstars zu werden.

DiCillo hat bei seinen Recherchen aufsehenerregendes Material gefunden. So den einzigen Film des Filmstudenten Jim Morrison, ein Roadmovie namens Highway, das Morrison selbst vollbärtig in der amerikanischen Weite zeigt. Mit bestimmtem Blick fährt er da ins Nirgendwo.

Tom DiCillo: "Das Material war so detailreich und so kraftvoll, dass es sich überhaupt nicht alt anfühlte. Mir kam es vor, als wären die Bilder erst gestern aufgenommen worden. Deshalb wollte ich daraus einen Film machen, der dem Publikum die Möglichkeit geben sollte, die Doors so zu erleben, als wären sie Gegenwart."

Erklärende Worte von Johnny Depp

Zusammengehalten werden die filmischen Fundstücke durch einen erklärenden Kommentar, gelesen von Johnny Depp. Er sieht in Jim Morrison nicht nur einen genialen Musiker, sondern auch einen genialen Selbstvermarkter.

Die aufwühlende Wirkung der Band erklärt er aus dem Zeitgeist, vor allem aus der konservativen Wende, die sich 1968 durch die Wahl Nixons zum U.S.-Präsidenten vollzog. Die Doors unterwarfen sich nicht der immer restriktiver werdenden öffentlichen Meinung. Es folgten skandalträchtige Auftritte, bei denen es zu Publikumsbeschimpfungen kam und Jim Morrison sogar mitten auf der Bühne von der Polizei verhaftet wurde.

This is the end

Mehr und mehr ist es also nicht mehr die Musik, die das Publikum auf Doors-Konzerte lockt, sondern es sind die Skandale. Der von Alkohol und Drogen gezeichnete Morrison zieht sich daraufhin aus dem Musikbusiness zurück in ein Dichterdasein in Paris. Sein Tod mit 27 markiert das endgültige Aus der Doors.

Dass es Tom DiCillo bei einem so Legenden umrankten Lebenslauf gelingt, Jim Morrisons Verführungskraft deutlich zu machen, ohne ihr selbst zu verfallen, ist nur eine der Stärken seiner dichten und spannenden Dokumentation.