Deutsches Vorbild macht Schule

AKW bleiben länger am Netz

Die Atomkraftwerke in Deutschland dürfen länger am Netz bleiben. Die Umweltschützer von Global 2000 und Greenpeace protestieren: Sie haben Sicherheitsbedenken. Doch auch andere Länder in Europa dürften es den Deutschen nachmachen, und ihre Atomkraftwerke weiterlaufen lassen.

Mittagsjournal, 06.09.2010

Bauten aus den 70er Jahren

Die Entscheidung der deutschen Regierung ist katastrophal, sagt Reinhard Uhrig von der Umweltschutzorganisation Global 2000. Er stellt die Sicherheit einiger Atomkraftwerke in Frage, die jetzt länger am Netz bleiben: Sicherheitstechnisch sind es Bauten aus den 70er Jahren, die extrem schlecht geschützt sind gegen Flugzeugabstürze und auch gegen Störfällen bei Austritt von Radioaktivität.

Steuergelder für Atommülllager

Die AKW-Betreiber müssen einen Teil ihrer Gewinne abgeben - damit sollen erneuerbare Energien gefördert werden. Doch das ist nicht genug, sagt Global 2000. Denn die Atomkraft werde in anderen Bereichen nach wie vor mit Steuergeld gefördert, etwa bei der Entsorgung von Atommüll. Die tatsächlichen Kosten müssten die AKW-Betreiber also nach wie vor nicht zur Gänze selbst tragen: die Sanierung des Versuchsendlagers aus den 60er Jahren wird vier Milliarden Euro kosten; der Müll muss aus dem Lager herausgeholt werden und niemand weiß wohin.

Beispiel macht Schule

Europaweit dürfte das Beispiel Deutschland jedenfalls Schule machen, sagt Christian Egenhofer, Energieexperte am Forschungsinstitut CEPS in Brüssel. Vor allem in jenen Ländern, die kein Geld für neue Atomkraftwerke mehr ausgeben wollen etwa bei Schweden und Belgien stellt sich die Frage der Verlängerung ganz stark.

Aus Sicht der AKW-Betreiber ist eine Laufzeitverlängerung eine gute Nachricht. Denn alte Atomkraftwerke, bei denen die Errichtungskosten schon abbezahlt sind, sind hoch profitabel. Deswegen hätten sich die Atomstromkonzerne in Deutschland auch ziemlich ins Zeug gelegt, um diese Entscheidung voranzutreiben.

Sicherheitsauflagen sorgen für Stillegung

Und wie lang kann dieses Spiel mit längeren Laufzeiten jetzt noch so weitergehen? Könnten die deutschen Atomkraftwerke also in 12 bis 15 neuerlich länger als geplant am Netz bleiben? Das hängt von neuen Sicherheitsauflagen ab, sagt Egenhofer.

Mit anderen Worten: wenn es sich für die AKW-Betreiber nicht mehr rechnet die Sicherheitsauflagen zu erfüllen, dann werden die altgedienten AKWs abgeschaltet. Ist also alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit.