Tschetschenischer Flüchtling in Wien erschossen
Fall Israilov: Verdacht gegen Ex-Polizei-Informanten
Der Mord an dem jungen Tschetschenen Umar Israilov wirft einmal mehr ein schiefes Licht auf den österreichischen Verfassungsschutz. Entgegen erster Dementi aus dem Innenministerium scheint mittlerweile gesichert, dass ein Ex-Informant des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sehr wohl in den Fall Israilov verwickelt war.
8. April 2017, 21:58
Ermordet auf offener Straße
Israilov, war Anfang 2009 in Wien Floridsdorf auf offener Straße von einem tschetschenischen Killerkommando niedergeschossen. Demnächst werden drei Tschetschenen vor Gericht stehen, denen vorgeworfen wird an dem Mordkomplott beteiligt gewesen zu sein. Nun berichtet die Zeitschrift "Der Spiegel", dass ein weiterer Tschetschene der in den Israilov Mord verwickelt war, V-Mann des österreichischen Verfassungsschutz gewesen ist.
Mittagsjournal, 06.09.2010
Verdacht auf politisch motiviertem Mord
Nach eineinhalb Jahren Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage gegen drei Tschetschenen von einem politisch motivierten Mordkomplott aus. Der getötete Umar Israilov hatte ja vor dem Menschenrechtsgerichtshof eine Klage gegen den Tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow eingebracht und sollte offenbar zurück in die Heimat verschleppt oder mundtot gemacht werden. Während dem Todesschützen die Flucht nach Tschetschenien gelungen ist, müssen sich demnächst drei mutmaßliche Mitverschwörer vor Gericht verantworten.
Golia: Informationen weitergegeben
Nun wurde bekannt, dass der Bruder eines Angeklagten Kontakte zum Wiener Landesamt für Verfassungsschutz hatte. Rudolf Golia, Sprecher des Innenministeriums sagt, er sei kein Informant im Sinne der Polizei gewesen. Der Mann habe sich in dieser Causa mit einer Information an die Polizei gewandt.
Schon einmal in U-Haft
Nach Ö1 Informationen, soll der Mann, Monate vor dem Mordanschlag, den Verfassungsschutz über den österreichbesuch eines hochrangigen Vertrauten des tschetschenischen Präsidenten informiert haben. Im Empfangskomitee für diesen Kadyrow-Stellvertreter befand sich auch ein mittlerweile Angeklagter, der für die Staatsanwaltschaft als Organisator und Mastermind des Mordes gilt. Bei diesem Treffen könnten bereits Pläne geschmiedet worden sein, Israilov aus dem Verkehr zu ziehen. Fakt ist: Israilov hatte sich bedroht gefühlt. Ein Antrag auf Personenschutz wurde von Wiener Verfassungsschutz aber abgelehnt.
Wochen später starb der 27-Jährige auf offener Straße. Rund um die Tat spielt allerdings auch der ominöse Informant des Verfassungsschützes eine merkwürdige Rolle. So war er am Abend vor dem Mord mit seinem Bruder bei einem Treffen mit den anderen Mitverschwörern. Auch am Mordtag soll er mehrfach mit seinem Bruder telefoniert haben. Nach dem Anschlag soll der Mann in regen Telefonkontakt mit dem Verfassungsschutz gewesen sein. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen soll ihm die Flucht nach Aserbaidschan gelungen sein. Allerdings ist er Ende 2009 wieder in Österreich aufgetaucht, sagt Golia, und wurde in der Causa festgenommen und saß einige Tage in Haft.
Ermittlungen laufen weiter
Allerdings musste ihn die Staatsanwaltschaft, aufgrund zu dünner Beweislage wieder auf freien Fuß setzen. Auch den Verfassungsschützern war klar, der der Mann, der Bruder eines der Tatbeteiligten ist, aber so Golia, davon eine Mitschuld abzuleiten sei unzuläßig.
Bei der Staatsanwaltschaft Wien wird gegen den Mann, ebenso wie gegen weitere 38 Personen, nach wie vor ermittelt. Er gilt als Beschuldigter, allerdings soll er sich bisher damit gerechtfertigt haben, dass er nichts wusste und nur seinen Bruder abhalten wollte.
Pilz: Druck von Russland
Im Mordfall Israilov liegen mittlerweile drei Anklagen vor. Für den Grünen Peter Pilz, ist der Auftragsmord an dem jungen Tschetschenen damit aber noch lange nicht geklärt. Der 27-jährige Flüchtling hatte bei Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eine Klage gegen den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow erhoben. Die Anklage geht davon aus, dass Israilov deshalb entführt oder mundtot gemacht werden sollte. Doch warum wird nicht auch Kadyrow angeklagt, fragt Pilz. Er sieht Indizien, dass Russland Druck auf Österreich ausübt, um eine Anklage gegen den Tschetschenischen Statthalter von Vladimir Putin zu verhindern.