Vorwurf der Bestechung

Israel: Schlaff droht Anklage

Der österreichische Geschäftsmann Martin Schlaff wurde in den vergangenen Jahren mehrfach mit Korruptionsermittlungen gegen israelische Politiker in Verbindung gebracht. Jetzt ist in Israel erstmals von einer möglichen Anklage gegen Schlaff die Rede. Es geht dabei um mutmaßliche Millionenzahlungen an die Söhne des immer noch im Koma liegenden früheren Ministerpräsidenten Ariel Scharon.

Morgenjournal, 08.09.2010

Vorwurf der Bestechung

Erst vor einem Monat hatte Martin Schlaff in Israel positive Schlagzeilen gemacht, weil er bei der Freilassung eines in Libyen festgehaltenen Israelis vermittelt hatte. Jetzt droht dem österreichischen Milliardär in Israel eine Anklage. Nach einem Bericht der Tageszeitung Haaretz will die israelische Polizei der Staatsanwaltschaft empfehlen, Schlaff wegen Bestechung vor Gericht zu stellen. Nach langen, komplizierten Ermittlungen gebe es ausreichendes Beweismaterial.

Millionen an Scharon-Söhne?

Offenbar wegen der Korruptionsuntersuchung gegen den früheren Premier Ariel Scharon hat Schlaff es schon seit Jahren vermieden, nach Israel zu kommen – er musste damit rechnen, hier für lange Verhöre als Zeuge festgehalten zu werden. Dass jetzt Schlaff selbst beschuldigt wird, ist eine neue Entwicklung. Konkret heißt es, es seien 4,5 Millionen Dollar an Gilad und Omri Scharon geflossen, die Söhne und zugleich engsten Mitarbeiter von Ariel Scharon. Die Ermittlungen hätten 2003 begonnen und seien besonders schwierig gewesen, weil versucht worden war, durch Querüberweisungen über verschiedene Länder die Herkunft des Geldes zu vertuschen. Aus israelischen Polizeikreisen wird dazu der Vorwurf laut, dass die österreichischen Behörden nur widerwillig Rechtshilfe geleistet hätten – das könne auch damit zu tun haben, dass Schlaff mit Österreichs politischer Spitze gut vernetzt sei. Als dann ab 2006 Vernehmungen in Wien ermöglicht wurden, habe Schlaff die Sache verschleppt und sei etwa zu einem vereinbarten Termin nicht erschienen.

Weitere Geldgeschenke

Laut Haaretz hat Schlaff auch noch an andere israelische Spitzenpolitiker verschiedener Lager großzügige Geldgeschenke verteilt. Der frühere Innenminister Arie Deri von der religiösen Schass-Partei soll Hunderttausende Dollar für die Finanzierung seiner Verteidigung in einem Korruptionsprozess erhalten haben. Über eine Stiftung in New York soll Schlaff Ex-Premier Ehud Olmert mit 50.000 Dollar unterstützt haben. Und im Jahr 2001 sollen 650.000 Dollar an eine zypriotische Firma überwiesen worden sein, die vermutlich von Avigdor Lieberman kontrolliert wird. Der rechtsgerichtete nunmehrige Außenminister ist mit Schlaff gut befreundet. Alle diese Geldflüsse fallen in eine Zeit, in der Schlaff mit dem Casino in Jericho wirtschaftliche Interessen in der Region verfolgte.

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Haaretz

Kontakte in höchste Kreise

Er ist einflussreich, vermögend und medienscheu:
Man sagt ihm unzählige Kontakte in die höchsten Kreise in Osteuropa und Israel nach. Sein Name tauchte nicht nur im Zusammenhang mit der Parteispendenaffäre rund um den ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon auf, deutsche Behörden haben auch Schlaffs Geschäfte in der ehemaligen-DDR geprüft.

Schlaff: Keine Anklage

Journalisten geht Martin Schlaff am liebsten aus dem Weg und gibt praktisch keine Interviews. Unsere Frage, ob die Staatsanwaltschaft in Israel schon Anklage erhoben habe, ließ Schlaff durch seinen Sprecher nur schriftlich beantworten: Zitat: Die ganze Sache ist nichts weiter, als ein Hirngespinst eines pensionierten israelischen Polizeibeamten und es gibt keine Anklage gegen Schlaff. Zitat Ende.

Verbindungen zu BAWAG

Im Österreich kam Schlaff zuletzt im Oktober 2006 in die Schlagzeilen, als er für seinen langjährigen Freund und Geschäftspartner Helmut Elsner, der im Zuge des BAWAG-Skandals in Frankreich inhaftiert wurde, eine Million Euro als Kaution bereitstellte.

Schlaff wurde auch als Zeuge im Bawag-Prozess befragt, denn die Bawag hat für Schlaff viele Geschäfte abgewickelt, darunter das Casino-Projekt im palästinensischen Autonomiegebiet Jericho. Das Casino war zunächst eine Goldgrube, weil Glücksspiel in Israel verboten ist und
täglich mehrere tausend Gäste in den Spielpalast pilgerten. Mit Ausbruch der zweiten Intifada im Oktober 2000 musste das Casino aber schließen und der Bawag blieben Schulden in Höhe von 120 Millionen Euro.

Zwei Milliarden Euro Vermögen

Auch den Kauf der bulgarischen Mobiltel, die Schlaff und Partner dann gewinnbringend an die Telekom Austria weiterverkauft haben, hatte die Bawag mitfinanziert. Der Weiterverkauf des serbischen Mobilfunkbetreibers Mobtel ging dann nicht wie geplant an die Mobilkom Austria, sondern an die norwegische Konkurrenz. Eine Enttäuschung darüber war aus einem seltenen öffentlich Kommentar von Martin Schlaff nicht herauszuhören.

Was für Schlaff zählt: Das Geschäft warf Gewinne ab. Das Privatvermögen des 57-Jährigen wird aktuell auf mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt. Martin Schlaff ist über seine MS-Privatstiftung unter anderem größter Aktionär des Feuerfest-Herstellers RHI, sein Sohn David sitzt im Aufsichtsrat. International hat Martin Schlaff sein Netzwerk zuletzt im August eingesetzt: er vermittelte die Freilassung eines Israeli, der wegen Spionagevorwürfen in Libyen festgehalten worden war. Schlaff nutzte dabei seine guten Kontakte zu Revolutionsführer Gaddafi und dessen Sohn Saif.

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