Scotland Yard ermittelt

Abhörskandal um Cameron-Sprecher

Abhörvorwürfe bringen den Pressesprecher des neuen britischen Premiers David Cameron in Bedrängnis. Coulson war bereits in seinem früheren Job als Chefredakteur einer Boulevard-Zeitung mit derartigen Vorwürfen konfrontiert. Nun sollen neue Beweise aufgetaucht sein.

Mittagsjournal, 08.09.2010

Prominenten-Telefone gehackt

Bis jetzt hatte noch jede britische Regierung ihren eigenen Skandal und beim neuen Premierminister David Cameron dauert es offenbar auch nicht lange, bis einer seiner Leute in Bedrängnis gerät. Dieses Mal ist es sein Pressesprecher Andy Coulson. Coulson sorgte vor drei Jahren in der sogenannten "News of the World"-Abhöraffäre für Schlagzeilen. Damals war er noch Chefredakteur des Rupert-Murdoch-Schmierblatts. Die Zeitung hatte systematisch Telefone von hunderten Filmstars, Sportlern, Politikern und sogar der königlichen Familie geknackt und abgehört. Zwei Journalisten wurden damals zu Haftstrafen verurteilt. Coulson trat zurück und beteuerte, nichts gewusst zu haben. Jetzt werden neue Vorwürfe gegen ihn laut, und in seiner jetzigen Position als mächtiger Chef des Pressestabs in der Downing Street könnten sie auch das Image des Premierministers beschädigen.

Scotland Yard ermittelt

Nach Angaben von Scotland Yard von Sonntagabend prüfen britische Ermittler, ob es in der Affäre neue Beweise gibt. Die Zeitung "New York Times" hatte zuvor berichtet, dass ein früherer Mitarbeiter des britischen Boulevardblattes "News of The World", deren Chefredakteur Coulson zur Zeit der Abhöraffäre war, Camerons Sprecher belaste. Coulson soll demnach von den Abhöraktionen gewusst haben. Nach Angaben eines hochrangigen Scotland-Yard-Mitarbeiters haben die Ermittler die "New York Times", die in der vergangenen Woche über den Fall berichtet hatte, jetzt darum gebeten, den britischen Behörden die möglichen Beweise zu übermitteln.

Das Büro von Premierminister Cameron teilte mit, dass Coulson die Anschuldigungen "vollständig" zurückweise. Die Zeitung "News of the World" hatte zuvor gemahnt, die Behauptungen "verärgerter" Ex-Mitarbeiter mit "extremer Skepsis" zu beurteilen.

Druck nimmt zu

Andy Coulson gibt sich kooperativ, er stehe gerne der Polizei zur Verfügung. Premierminister David Cameron stellt sich hinter seinen Pressesprecher. Die Opposition im Parlament wittert aber schon ihre Chance die Regierung ins Eck zu drängen. Der Labour Abgeordnete Chris Bryant, dessen Telefon auch abgehört wurde, wirft der Polizei vor untätig zu sein. Er fordert Innenministerin Theresa May auf sich einzuschalten. Sie sagt, es sei nicht Sache der Regierung, die neuen Beweise zu untersuchen. Man müsse die polizeilichen Ermittlungen abzuwarten.

Der Druck wächst weiter: Die parlamentarische Kommission des Innenministeriums hat eine eigene Untersuchung eingeleitet, um herauszufinden, ob Coulson nicht möglichweise doch der unbekannte Teilnehmer in diesem Abhörskandal ist.