Mehr Straßen ohne Verkehrzeichen

Noch mehr "Shared Space"

In Gleinstätten in der Steiermark gibt es keine Verkehrsschilder und keine Gehsteige: eine völlig neue Art des Straßenraums, der am Wochenende eröffnet wurde. Im "Shared Space", dem gemeinsam genutzten Verkehrsraum, sollen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sein - und aufeinander Rücksicht nehmen. In ganz Österreich sind weitere Zonen ohne Verkehrsschilder geplant.

Morgenjournal, 14.09.2010

Weniger schwere Unfälle

Das Konzept kommt aus Holland, Gleinstätten gilt hierzulande als Pilotprojekt. Keine Ampeln, kein Zebrastreifen, kein Stopp-Schild. Für Kritiker bedeutet das Chaos. Der Projektleiter von "Shared Space" in Österreich, Thomas Pilz, kontert, dass im verkehrszeichenfreien Raum die Aufmerksamkeit erhöht sei und deshalb auch weniger passiere. Ein Grund sei die automatisch verringerte Geschwindigkeit in derartigen Verkehrsräumen.

Mehr Chancen für Fußgänger

Dass Schwächere benachteiligt werden, könne man zwar nicht ganz ausschließen, so Pilz - doch de facto würden auch sie von der neuen Verkehrslösung profitieren. Der Fußgänger gewinne die Chance, überall angemessen wahrgenommen zu werden und müsse nicht mehr Umwege gehen, um genau beim Zebrastreifen die Fahrbahn zu überqueren.

Zufriedenere Autofahrer

Aber auch die Autofahrer sind skeptisch: Wer ohne Ampeln auf Fußgänger, Radfahrer und natürlich auf andere Autofahrer achten muss, kommt möglicherweise nur sehr langsam voran. Tatsächlich ist Tempo 20 bis 30 die Durchschnittsgeschwindigkeit im "shared space", sagt Thomas Pilz. Die Fußgänger könnten bei diesem Tempo die Straße gut queren, ohne dass der Autofahrer stoppen muss. Insgesamt erhöhe sich die Durchflussgeschwindigkeit sogar. Und die Autofahrer seien zufriedener, sagt Thomas Pilz von der Forschungsgesellschaft Mobilität, "weil man nie mehr dieses frustrierende Erlebnis hat, vor einer roten Ampel zu steht und auf eine leere Kreuzung schauen zu müssen".

Mehrere Projekte

Auch in Großstädten werden Ampeln und Verkehrsschilder schon abmontiert - etwa in der Londoner Kensington-High-Street, sagt Thomas Pilz. In Österreich gibt es mehrere Projekte in der Steiermark: in Feldkirchen bei Graz, in Gnas und in Hausmannstetten. Auch für den Veldener Corso in Kärnten werde bereits die Detailplanung ausgearbeitet, so Pilz. Interesse gebe es auch in Vöcklabruck, in Voitsberg und in einigen niederösterreichischen Gemeinden.