Arbeitspflichtdebatte im Wahlkampf

Strenge Regeln für Mindestsicherung

Gemeinnützige Arbeit für Menschen, die mehr als sechs Monate keinen Job haben - damit hat die ÖVP viel Staub aufgewirbelt. Und eine Sozialmissbrauchsdebatte wieder angeheizt. Dabei gibt es jetzt schon strenge Regeln für die Mindestsicherung.

Mittagsjournal, 15.09.2010

Kurzer Einkommensschutz, kein Berufsschutz

Zwischen 20 und 59 Wochen kann man Arbeitslosengeld beziehen. Ausbezahlt werden 55 Prozent des letzten Nettogehalts, gedeckelt mit 1.320 Euro monatlich. Danach folgt die Notstandshilfe. Regeln gegen Missbrauch und in den letzten Jahren stetig verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen gibt es jetzt schon, sagt man beim Arbeitsmarktservice.

So hat ein Arbeitsloser nur mehr 100 Tage, gute drei Monate also einen sogenannten Einkommensschutz. Das heißt, es muss nur ein Job angenommen werden, der der Einkommenskategorie vor der Arbeitslosigkeit entsprach. Nach 100 Tagen muss er es billiger geben. Und auch einen Berufsschutz gibt es eigentlich nicht. Es ist einem Arbeitslosen alles zumutbar was kollektivvertraglich entlohnt, nicht gesundheitsschädlich und nicht sittenwidrig ist. Wie es das Gesetz sagt.

93.000 Sperren von Arbeitslosengeld

Wie sieht es mit den schon jetzt verhängten Sanktionen aus? Etwa 93.000 Sperren von Arbeitslosengeld - über Tage oder Wochen - hat das AMS im Vorjahr verhängt. Bei etwa 850.000 Personen, die zumindest einen Tag von Arbeitslosigkeit betroffen waren. In über 50 Prozent der Fälle wurde der Geldhahn zugedreht, weil die Betroffenen einen Kontrolltermin versäumt haben, nur in 13.000 Fällen wegen Missbrauch, weil zum Beispiel Arbeit oder Schulungen verweigert wurden.

Im August waren übrigens gut 33.000 Menschen länger als 6 Monate arbeitslos - und genau diese Gruppe hat die ÖVP mit ihrem Missbrauchsvorstoß ja auch im Auge. Diese Menschen sollten zu Gemeinschaftsarbeit verpflichtet werden.

Arbeitswilligkeit bei Mindestsicherung

Etwas anders gelagert ist die Sache bei der Mindestsicherung. An sich bekommt man die 744 Euro - da ist auch bereits eine Wohnungszulage inkludiert - OHNE zeitliche Begrenzung.

Allerdings: die Bezieher müssen bereit und gewillt sein, Arbeit anzunehmen. Fehlt dieser Wille, wird die Mindestsicherung gekürzt, im Extremfall auch gänzlich gestrichen. Ausnahmen gelten nur für Personen mit Betreuungspflichten, für Pflegende oder für Arbeitsunfähige und Pensionisten. Außerdem gibt es bei der Mindestsicherung Vermögensüberprüfungen.

Freilich: Erfahrungswerte und Statistiken sind noch Mangelware, da die Mindestsicherung ja erst seit September gilt, und das vorerst auch nur in drei Bundesländern.