Grundprinzipien gelten bis heute
Österreichs Verfassung ist 90
Vor 90 Jahren, am 1. Oktober 1920, ist die österreichische Bundesverfassung beschlossen worden. Zahlreiche Änderungen hat es seither gegeben, die Grundprinzipien der Bundesverfassung von damals gelten aber bis heute.
8. April 2017, 21:58
Zum Hüter der Verfassung wurde 1920 der Verfassungsgerichtshof - der das ebenfalls bis heute geblieben ist. Mit 90 Jahren zählt die österreichische Bundesverfassung zu den ältesten Verfassungen in Europa.
Mittagsjournal, 01.10.2010
Verfassung seit 90 Jahren,
Viele verschiedene Gesetze
"Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus". Dieser Artikel 1 der Bundesverfassung ist wohl der einzige, dessen Wortlaut einer breiteren Öffentlichkeit einigermaßen bekannt ist.
Denn die Bundesverfassung ist nicht - wie in anderen Staaten - in einem einzigen Gesetzeswerk zu finden. Neben dem Stammdokumenten heißen viele Ergänzungen ebenfalls Bundesverfassungsgesetz: von jenem über die Neutralität bis zu dem über das ungleiche Pensionsalter von Mann und Frau. Verfassungsbestimmungen können auch Teil normaler Gesetze sein - es gibt so viele, dass gerade erst bei einer Art Entrümpelung 1000 einzelne Bestimmungen vereinfacht oder gestrichen wurden.
Bis hin zum EU-Beitritt
Die Zersplitterung der Verfassung erklärt sich aus ihrer Geschichte: entworfen vom Juristen Hans Kelsen, wurde sie am 1920 von der konstituierenden Nationalversammlung für die neue Republik beschlossen, schon 1929 kam eine wesentliche Änderung, die die Rolle des Bundespräsidenten aufwertet. Der autoritäre Ständestaat gab sich eine eigene Verfassung, im
Nationalsozialismus verschwand sie ganz.
Erst 1945 wurde die Bundesverfassung wieder in Kraft gesetzt. Entscheidende Änderungen waren -neben dem Neutralitätsbeschluss 1955 - auch der Beitritt zur Menschrechtskonvention, 1968 die Abschaffung der Todesstrafe und 1994 der EU-Beitritt.
Holzinger: Kompetenzen ausdehnen
90 Jahre Bundesverfassungsgesetz - dieses Regelwerk ist sozusagen täglicher Hintergrund der Innenpolitik: Da geht es um die Machtverhältnisse zwischen Bund und Ländern, um Rechteverteilung zwischen dem/der Einzelnen und der Allgemeinheit. Oder auch um die Frage, was einem Politiker passieren kann, wenn er unkorrekt handelt. Die Verfassung hat viele Stärken, sie hat aber auch manche Schwachstelle. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, spricht sich u.a. für eine grundsätzliche Zuständigkeit des Verfassungsgerichts auch bei Zivilgerichts-Sachen aus. Das könnte zum Beispiel die Frage des Besuchsrechts für Väter betreffen.
Mittagsjournal, 01.10.2010
Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, im Gespräch mit Wolfgang Werth