Das gedruckte Buch bleibt trotz E-Book

Bilanz der Frankfurter Buchmesse

Digitale Lesegeräte sind den Büchern aus Papier und Druckerschwärze auf die Pelle gerückt wie nie zuvor. "Das elektronische Buch ist keine Phantomdiskussion mehr", bilanziert Martin Spieles, Sprecher des S. Fischer Verlags, die 62. Frankfurter Buchmesse, die am 10. Oktober 2010 in Frankfurt zu Ende ging.

Der Anspruch der Organisatoren der Buchmesse war: Orientierung bieten im digitalen Buchzeitalter. Die Messe habe der Branche einen "regelrechten Energieschub" gebracht, erklärte Buchmesse-Direktor Juergen Boos gestern zum Abschluss der weltgrößten Bücherschau. Und das stellte auch der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Gottfried Honnefelder fest.

Kulturjournal, 11.10.2010

Gottfried Honnefelder im Interview

Neben E-Book-Readern, die inzwischen auch von großen Buchhandelsketten kommen, gibt es die ebenfalls fürs Lesen geeigneten Tablet Computer wie Apples iPad. Und erstmals überhaupt haben Verlage auf der weltgrößten Bücherschau auch spezielle Anwendungen fürs digitale Lesen vorgestellt.

Kultur aktuell, 11.10.2010

E-Books mit Bonus-Tracks

Es geht dabei um elektronische Bücher, die mit Extras angereichert sind. Rowohlt will zum Beispiel den Roman "Strohfeuer" von Blogger Sascha Lobo und eine Albert-Einstein-Monografie für die Leser der elektronischen Version mit Fotos und Videos anreichern ("Enriched E-Book"). Doch von einem Siegeszug ist das elektronische Buch - zumindest in Deutschland - noch weit entfernt. Der Marktanteil liegt noch unter einem Prozent. Richtig Bewegung dürfte in den Markt erst kommen, wenn nach den Erwartungen der Branchenexperten der US-Marktführer Amazon Anfang kommenden Jahres in den deutschen E-Book-Markt einsteigt.

Auf der Buchmesse blieb auch unklar, wann genau der Internetriese Google in den USA Amazon und Apple richtig Konkurrenz machen will. Der Sprung von "Google Editions" nach Europa wäre dann vorprogrammiert. Doch der Rummel ums E-Book entspricht auch in den USA nicht unbedingt der Wirklichkeit. "Die Fantasie übersteigt derzeit das, was tatsächlich passiert", sagt Ed Nawotka, Chef des US-Branchenmagazins "Publishing Perspectives".

"Erschlanktes" Angebot

Auch deshalb stand auf der Messe weiterhin das gute alte Buch im Zentrum. Viele kleinere Verlage sind auf den E-Book-Zug auch noch gar nicht aufgesprungen. Generell war die Stimmung auf der Bücherschau positiv. Besonders gute Geschäfte meldeten nach Angaben der Organisatoren die angelsächsischen Verlage, die anscheinend gestählt aus ihrer schweren Krise herauskommen. Auch auf dem Festland haben sich aber die Verlage "verschlankt": Die Besucher konzentrieren sich auf das Wesentliche, und die Verlage haben auch die ausgestellten Titel reduziert.

Respekt für Argentinien

Große Aufmerksamkeit hat das Gastland Argentinien gefunden, das seine Chance auf der Buchmesse als weltweit beachteter Kulturplattform genutzt hat. Das Ziel, die Vergangenheit und insbesondere die traumatische Zeit der Militärdiktatur (1976-1983) aufzuarbeiten, hat Argentinien großen Respekt eingebracht. Und mit einer Vielzahl von glänzenden Autoren, die nach Frankfurt geschickt wurden, hat das für seine große literarische Tradition bekannte Land den Anspruch auch eingelöst.

Die erstaunliche Zahl von über 100 Romanen und Erzählungen wurden dank der Übersetzungsförderung aus Buenos Aires allein ins Deutsche übersetzt. Gerade kleinere Verlage sind dabei auch ein Wagnis eingegangen. "Es hat sich gelohnt", sagt Thomas Heilmann, Vertriebschef von Rotpunkt in Zürich. Der Schweizer Verlag hat die Krimis von Rodolfo Walsh wieder herausgebracht, der als Begründer des investigativen Journalismus in Argentinien gilt und 1977 von den Militärs ermordet wurde.