Ai Weiweis "Sunflower Seeds"

Die Tate Modern als keramisches Sonnenblumenfeld

Der regimekritische chinesische Künstler Ai Weiwei gestaltet mit 100 Millionen Sonnenblumen-Kernen aus Porzellan die Turbinenhalle im Tate Modern Museum in London neu.

Kultur Aktuell, 12.10.2010

Ai Weiwei ist der 11. Künstler, der im Rahmen der Unilever Serie an der ständigen Transformation des Museums mitwirkt. Die Installation Sunflower Seeds" ist eine Hommage an die Porzellan-Kunst seiner Heimat, die "Körner" wurden in China von 1.600 Kunstarbeitern handbemalt. Sie waren zwei Jahre lang beschäftigt. Jetzt dürfen die Tate Modern-Besuchern auf den 150 Tonnen aufgeschütteten Sonnenblumenkernen laufen. Der Besuch der Installation, die bis 2. Mai 2011 dauert, ist kostenlos.

"Wir erwarten mindestens zwei Millionen Besucher", sagte Kuratorin Juliet Bingham am Montag. Nach Ende der Schau in London sollen die 150 Tonnen Porzellan-Samen, mit denen der Boden der Turbinenhalle zehn Zentimeter hoch aufgeschüttet wurde, zurück nach China gebracht werden. "Vielleicht werde ich sie kochen", sagte Ai Weiwei scherzhaft auf die Frage, was er dort mit ihnen vorhat. "Und dann sehen, ob ein neues Projekt daraus wird", sagte der 53-Jährige.

Jeder einzelne Sonnenblumenkern wurde bei 1300 Grad Celsius gebrannt, handbemalt und erneut bei 800 Grad gebrannt. Bis zu 1.600 Kunstarbeiter in der chinesischen Porzellan-Stadt Jingdezhen waren zwei Jahre lang beschäftigt. "Ungefähr drei" der Kerne habe er selbst bemalt - es handele sich um die am wenigsten gelungenen, meinte der Künstler. Das Werk entstand für die Unilever-Serie der Tate Modern. Seit zehn Jahren wird - gesponsert vom Mischkonzern Unilever - einmal jährlich ein Auftrag für einen Installationskünstler vergeben, der die Turbinenhalle füllt.

"Es ist okay", sagte der Künstler in London auf die Frage nach den Arbeitsbedingungen für einen regimekritischen Künstler in China, auch wenn es in "bestimmten Gebieten" weiter Zensur gebe. Sein Internet-Blog sei gesperrt, jetzt veröffentliche er seine Botschaften eben über den Kurznachrichtendienst Twitter. "China als Nation muss auf mehr Freiheit und eine demokratischere Gesellschaft hinarbeiten. Niemand kann das aufhalten", sagte Ai Weiwei.

Ai Weiwei war als künstlerischer Berater auch am Bau des "Vogelnest" genannten Olympiastadions von Peking 2008 beteiligt. Auf der documenta 12 im Jahr 2007 in Kassel stellte er unter dem Titel "Template" eine Skulptur aus, die aus antiken chinesischen Möbeln gefertigt war. Die Möbel stammten aus Häusern aus der Zeit der Ming-Dynastie, die von den Behörden in China abgerissen wurden. Ein Sturm zerstörte den Turm in Kassel, was die Skulptur beim Publikum noch begehrter machte.

In Österreich hat der chinesische Konzeptkünstler zuletzt im Sommer am Dachstein einen vier Tonnen schweren Stein aus China einfliegen lassen. Im Rahmen des steirischen Kulturfestivals "regionale 10" wollte er damit an die Opfer des schweren Erdbebens in der chinesischen Provinz Sichuan erinnern, wo sich der Felsblock 2008 gelöst hatte.

Service

Tate Modern - The Unilever Series: Ai Weiwei