Nach wie vor ist kein Ende der Proteste in Sicht

Streiks in Frankreich gehen weiter

Die Proteste und Streiks in Frankreich gegen die Pensionsreform gehen weiter – neun von zwölf Erdölraffinerien sind bestreikt, nur die Hälfte der Züge fahren und auch die Lehrer an Grundschulen sind im Ausstand. Für Samstag ist der nächste Aktionstag angekündigt. Es ist derzeit unklar, wie die Konfrontation enden könnte.

Mittagsjournal ,14.10.2010

Sarkozy bleibt hart

Präsident Sarkozy lässt keinen Zweifel daran, dass er die Pensionsreform, die Reform der Reformen, wie er sie einst genannt hatte, zu Ende bringen will – weitere Zugeständnisse könne es nicht mehr geben – am kommenden Mittwoch soll es so weit sein, dass der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, die Reform endgültig verabschiedet.

Aus der Sicht des Präsidenten ist positiv, dass die Streikfront seit gestern zu bröckeln scheint. Bei der Bahn sind nicht mehr die Hälfte, sondern nur noch ein Viertel der Bediensteten im Ausstand, die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe funktionieren fast im gesamten Land wieder normal. Und bei der Post, den Elektrizitätswerken oder France Telekom wird die Zahl der Streikenden heute schon als minimal bezeichnet.

Viele kleine Spontan-Aktionen

Unterdessen mehren sich im ganzen Land kleinere, spontane Aktionen: in Marseille hat die Müllabfuhr spontan die Arbeit eingestellt, Telekom Arbeiter besetzten den Bahnhof, an verschiedenen Mautstellen auf den Autobahnen winkten Streikende die Fahrzeuge durch, in Le Havre flogen Eier auf das Büro eines Senators, in Montelimar wurden die Arbeitsräume des Bürgermeisters auf den Kopf gestellt.

Der Politologe Jean Paul Roux meint dazu: "Die Gewerkschaften stehen unter dem Druck der Börse. Die Basis wird immer ungeduldiger, sie meint, dass die Aktionen radikaler werden müssten."

Könnte bald der Treibstoff knapp werden?

Seit dem Morgen blockieren einige Lastwagen ein riesiges Treibstofflager bei Bordeaux, das den gesamten Südwesten des Landes versorgt. Treibstoffknappheit könne ab Anfang nächster Woche schon Realität sein, drohen die unbefristet Streikenden in der Erdölraffinerien. Keineswegs, meint der Verkehrsminister und warnt vor Hamsterkäufen, Frankreich verfüge über strategische Reserven für 90 Tage.

Was Präsident Sarkozy und seiner Regierung jedoch zusätzliche Sorgen bereiten muss, sind die spontanen Aktionen der Schüler: Landesweit sind schon rund 500 Gymnasien blockiert, eine Bewegung, die schwer zu kontrollieren ist und aus dem Ruder laufen könnte.

Protest bekommt mehr politischen Charakter

Gleichzeitig verstärkt sich der Eindruck, dass die Protestbewegung zunehmend einen politischen Charakter bekommt, eine Bewegung, sagt die Chefin der Gewerkschaft Solidaires, die genährt werde durch die Ungerechtigkeiten und die Geringschätzung, die in der Politik dieser Regierung zum Ausdruck kämen und durch die Ablehnung einer Gesellschaft, in der die sozialen Ungleichheiten ständig grösser werden.