Sergej Sobjanin wird angelobt

Moskaus neuer Bürgermeister

Die russische Hauptstadt Moskau bekommt am Donnerstag einen neuen Bürgermeister: Das Stadtparlament wird Sergej Sobjanin zum Nachfolger von Juri Luschkow wählen. Sobjanin war zuletzt stellvertretender Ministerpräsident unter Putin und hat den Präsidentschaftswahlkampf von Dmitri Medwedjew geleitet.

Morgenjournal, 21.10.2010

Die Geschenke des Bürgermeisters

Da sein Vorgänger Juri Luschkow in den 18 Jahren seiner Amtstätigkeit den Moskauern, und hier vor allem den Älteren, einreden konnte, die Sozialleistungen der Stadt seinen praktisch sein persönliches Geschenk, war nach seiner Entlassung die Angst groß, mit dem neuen, unbekannten Bürgermeister würden diese Sozialleistungen eingestellt.

Sergej Sobjanin, der heute offiziell sein Amt antritt, wird also zuerst einmal erklären müssen, dass die zum Teil bedeutenden Zuwendungen der Stadt keineswegs ein Geschenk von Juri Luschkow waren. Zweitens muss sich der Mann aus dem Vorzimmer von Wladimir Putin um die katastrophale Verkehrslage kümmern, ein fast unlösbare Aufgabe in der Zehn-Millionenstadt.

Kampf gegen die Korruption

Das dritte Aufgabenfeld hat Präsident Medwedjew so beschrieben: "Man muss es offen und ehrlich ansprechen: Es geht um Korruption. Leider ist dagegen zuletzt wenig getan worden. Das Wirtschaftsleben muss offener und konkurrenzfähiger werden und es muss auf der Grundlage der Gesetze basieren."

Deutlicher konnte der russische Präsident nicht werden. Auch deshalb nicht, weil Korruption ja kein isoliert Moskauer Phänomen ist – und eine sinnvolle Korruptionsbekämpfung bei ihm und Ministerpräsident Putin ihren Ausgang nehmen muss.

Keine Moskauer Sonderwege

Dass es mit den hauptstädtischen Sonderwegen aber nun zu Ende ist, war aus der Entgegnung Sobjanins herauszuhören, die Sobjanin formulierte, als er von seiner Ernennung offiziell in Kenntnis gesetzt wurde: "Die Frage der sozialen Sicherheit, die Transportprobleme, die Integration Moskaus in die föderale Politik, der Kampf gegen die Korruption: Das sind die Prioritäten der Moskauer Regierung."

Der Sibire des Kremls

Sergej Sobjanin, 1958 in Sibirien geboren, kommt aus der Erdölindustrie, war Gouverneur von Tjumen, wechselte in die Kremladministration, löste dort Medwedjew ab, dessen Präsidentschaftswahlkampf er leitete.

Zwei Dinge werden es ihm schwer machen: Dass er kein gebürtiger Moskauer ist und nicht vom Volk gewählt wurde. Was immer er also macht, er macht es nicht im Auftrag der Bürger, sondern im Auftrag des Kreml.

Als Putins früherer Bürochef und Medwedjews früherer Wahlkampfleiter genießt er das Vertrauen beider. Genau dieser Umstand dürfte ihn jetzt zum drittmächtigsten Mann Russlands gemacht haben.