"Tunnels rechnen sich langfristig"

ÖBB-Pöchhacker gegen Projektstopp

ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker spricht sich gegen Überlegungen aus, wegen der hohen Bahnschulden die Investitionen in Brenner-Basistunnel und Koralmtunnel abzusagen. Würden die Bauprojekte gestrichen, hätte das negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort, so Pöchhacker im Ö1-Morgenjournal.

Morgenjournal, 21.10.2010

Ruf nach Investitionsstopp

ÖBB-Betriebsratschef Wilhelm Haberzettl hat sich angesichts steigender Bahnschulden dafür ausgesprochen, die Großprojekte Brenner-Basistunnel und Koralmtunnel zu verschieben beziehungsweise überhaupt zu stornieren, auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Karl Aiginger, forderte die Einstellung des Projekts Koralmtunnel. Widerspruch kommt nun von Bahn-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker.

Projekte volkswirtschaftlich wichtig

Die Schulden der Bundesbahnen seien kein Argument gegen die Infrastruktur-Großprojekte Brenner-Basistunnel und Koralmtunnel, sagt ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker. Diese Bauprojekte seien volkswirtschaftlich wichtig und würden sich langfristig rentieren: "Wenn man in diese neuen Trassen nicht investiert, ist das längerfristig ein Nachteil für den Wirtschaftsstandort. Wir leben heute noch von Investitionen aus dem, 19. Jahrhundert."

Vorbild Schweiz

Eine moderne Infrastruktur sei das Rückgrat der Wirtschaft, so Pöchhacker, in Österreich sei man sich dessen aber offenbar nicht bewusst. Der ÖBB-Aufsichtsratschef verweist auf das Beispiel des Schweizer St.Gotthard-Tunnels, zu dessen Durchstich es großes Lob für die Schweizer Verkehrspolitik gegeben habe. "Und parallel hat man gesagt, in Österreich
herrscht der Tunnelwahn."

Investitionen für Jahrzehnte

Der Schuldenstand der Bundesbahnen liegt derzeit bei rund 12 Milliarden Euro, einer Studie des Staatsschuldenausschusses zufolge werden sich die Bahn-Schulden im nächsten Jahrzehnt mehr als verdoppeln. Pöchhacker verweist darauf, dass auch die Autobahn-Finanzierungsgesellschaft ASFINAG Milliardenschulden hat und sagt, solche Schulden könne man nicht so betrachten wie die eines Unternehmens oder einer Bank: "Ein Großteil davon sind eben Investitionen in die Infrastruktur, die sich über Jahrzehnte amortisieren und rechnen." Das sei eine politische Aufgabe, in den Wirtschaftsstandort Österreich zu investieren.

Über Finanzierung per Lkw-Maut nachdenken

Um die Infrastrukturprojekte mitzufinanzieren, müsse man auch über politische Begleitmaßnahmen nachdenken, beispielsweise - wiederum nach Schweizer Vorbild - eine flächendeckende Lkw-Maut: "Wenn man Verkehrspolitik macht, und die Ministerin ist da bestens unterwegs, muss man auch über so etwas nachdenken - so heikel das ist." Dass der Bauauftrag für den Koralmtunnel bereits vergeben wurde - dem Vernehmen nach an das Bauunternehmen Strabag - sei nicht übereilt gewesen, sagt Pöchhacker. Das Projekt sei schon so weit fortgeschritten, dass der "Point of no return" bereits erreicht war, so ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker.