Ein Eisenbahnexperte analysiert die Bahn
"ÖBB auf dem richtigen Weg"
Die ÖBB befinden sich im Umbau, sind aber auf dem richtigen Weg, sagt Universitätsprofessor Peter Veit vom Institut für Eisenbahnwesen der TU Graz. Der Lohnabschluss war maßvoll, die neue Bahnstruktur stimmt, so Veit. Probleme gebe es im Güterverkehr, beim Personal, den Nebenbahnen und bei der technischen Ausstattung der Bahn.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.09.2010
Geld für Instandsetzung nötig
Ob die ÖBB eine Kapitalerhöhung bekommen, wie vom neuen ÖBB-Chef Christian Kern gewünscht, sei eine rein politische Entscheidung. Das Geld müsste aber vor allem für Kraftwerksbauten verwendet werden, um den Eigenanteil der ÖBB an der Stromproduktion für den Bahnbetrieb zu erhöhen. Dringend Geld braucht die Bahn aber für die Instandhaltung der bestehenden Strecken, sagt Peter Veit vom Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der TU Graz: „Wenn sie heute von einem Budget von 600 Millionen im Bestandsnetz ausgehen, also für Reinvestition, Instandhaltung und Inspektion zusammen, dann glaube ich, dass wir für die Instandsetzung 10 bis 15 Prozent mehr bräuchten.“ Diese 60 bis 90 Millionen zusätzlich müssten aber jährlich investiert werden, um Qualität und Pünktlichkeit zu verbessern.
Busse statt Regionalbahn
Sparpotential ortet Veit hingegen bei den Nebenbahnen: "Die Eisenbahn ist ein Massenverkehrssystem, und wenn es diese Massen einfach nicht gibt, dann ist sie nicht das richtige System für die eine oder andere Nebenbahnverbindung." Es sei sinnvoller stattdessen Busse einzusetzen. "Durch eine andere Kostensituation hat man mit Bussen die Möglichkeit, einen dichteren Betrieb anzubieten und auf diese Weise auch wieder Kunden zu gewinnen", sagt Veit.
"Zu wenig Kundennähe"
Nicht so dramatisch sieht er die Personalsituation der ÖBB. Vorhandenes Personal müsste aber anders eingesetzt werden, Techniker fehlen sogar: "Ich glaube wir haben zwei Bereiche wo sich die Eisenbahn teilweise schon zu weit zurückgezogen hat: die Kundennähe und die Vorortpräsenz in der Streckeninstandhaltung. Es gibt in ganz Europa zu wenig Techniker."
Das treffe auch die ÖBB. Finanziell besonders angespannt ist die Lage derzeit bei der Güterverkehrssparte, der Rail Cargo Austria. Die Wirtschaftskrise und das Engagement in Ungarn belasten den Konzern. In diesem Zukunftsmarkt müsse man aber durchhalten und gleichzeitig die Kosten senken.
"Die Totzeiten, also die Standzeiten, des Nichtfahrenden Güterzuges sind zu reduzieren, das bringt Markt. Und ich glaube, dass das nur über eine bessere Marktsituation in den Griff zu bekommen ist", sagt Veit, der die Gefahr eines AUA Schicksals für die ÖBB nicht sieht.