Roland Neuwirth wird 60

Amoi geht's no

Sechzig Jahre alt zu werden, sei kein Verdienst, meint Roland Neuwirth. Freuen, dass man es so weit geschafft habe, könne man sich trotzdem. Andere hätten nicht so viele Stockwerke in ihrem Leben einzubauen gehabt.

Nicht nur in sein Leben - auch in die Geschichte der Schrammelmusik hat Roland Josef Leopold Neuwirth so manches bleibende Stockwerk eingebaut. Als Gründer der Extremschrammeln gilt er als der unbestrittene Erneuerer des Wienerlieds. Am 31. Oktober 2010 wird er sechzig Jahre alt. Gefeiert wird schon am Abend davor - mit einem "großen Geburtstagskonzert" im Orpheum. "Amoi geht's no!" lautet das allzu bescheidene Motto der Veranstaltung.

Ländliches Wien

Im zehnten Bezirk, erinnert sich Neuwirth, lebte man Anfang der 1950er Jahre wie auf dem Land. In den Innenhöfen wurden Hasen und Hühner gehalten. Auf dem Markt wurden lebende Tiere angeboten, denen vor dem Kauf der Kopf abgeschlagen wurde. In der Arbeitersiedlung in der Brünnerstraße, in der er seine ersten sieben Lebensjahre verbrachte, lebte im ersten Stock eine von Kopf bis Fuß bandagierte Gestalt, die man in dicken Filzpantoffeln zum Gangklo schlurfen sah. Sein Kinderhort befand sich in einem fensterlosen Keller. Es sei eine gruselige, aber auch inspirierende Zeit gewesen.

Der "Soul der Kindheit", meint Roland Neuwirth, hänge ihm noch heute nach. Seine glücklichste Zeit habe er in den Greifensteiner Donauauen verbracht, wo man die Tage mit Schwimmen und Fischen verbrachte, unter der Stelzenhütte Beatles hörte - und zum Klang der Frösche und Schlepper einschlief.

"Bacherl" Wienerlied

Vorwiegend musste er als Kind aber selbst für seine musikalische Beschallung sorgen. Von seinem ersten Instrument, der Mundharmonika, stieg er mit 13 auf die Gitarre um. Sie spielte er die nächsten zehn Jahre autodidaktisch. Dann erst begann er, als erfahrener Blues-Gitarrist und -bassist, das Musikstudium. Die Aufnahme auf die Musikuniversität erscheint ihm heute noch als Wunder - und als ein grundlegendes, sein Leben veränderndes Moment. "So ganz in die Materie eintauchen zu können", sei ein großes Privileg, meint Neuwirth.

Das Studium der Komposition ermöglichte es ihm, das Wienerlied auf Konfrontationskurs mit der musikalischen Realität des 20. Jahrhunderts zu schicken - und damit zu dem ihm angemessenen Ausdrucksmittel zu finden. Sein Wirkungsgebiet werde sich nun wahrscheinlich nicht mehr wesentlich vergrößern, meint Roland Neuwirth. Das Wienerlied sei eben "eine kleine Musik - ein Bacherl und kein Strom."

Service

Roland Neuwirth & Extremschrammeln, "Amoi geht’s no", 30. Oktober 2010, 15:00 und 20:00 Uhr, Orpheum Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (EUR 1,50)

Roland Neuwirth & Extremschrammeln
Orpheum