Filmfestival steigert Auslastung
Viennale im Multiplex?
Die Viennale geht mit der Abschlussgala am Mittwoch, 3. November 2010 und dem mexikanischen Film "Alamar" zu Ende. Am selben Tag wurde Bilanz gezogen: Mit knapp 96.000 Zuschauern in den vergangenen zwei Wochen war der Andrang so groß, dass nun überlegt wird, künftig auch ein Multiplex-Kino zu bespielen.
9. April 2017, 17:51
Mittagsjournal, 03.11.2010
123 ausverkaufte Vorstellungen
Eine Auslastung von fast 80 Prozent und ein Drittel - sprich 123 - ausverkaufte Vorstellungen zeigen den Erfolg dieses Festivals. Direktor Hans Huch sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn einerseits gibt ihm der Publikumserfolg recht, andererseits heißt der starke Andrang auch für viele Kinoliebhaber: "Leider nein!".
"Wir merken, dass im Vorverkauf bestimmte Filme innerhalb von zwei Stunden ausverkauft sind", so Hurch. Und so gibt es naturgemäß Überlegungen, wie man diesem Problem begegnen könnte. Eine davon wäre, aus dem 1. Bezirk, wo das Festival sich ja abspielt, auszubrechen und vielleicht auch ein Multiplex einzubeziehen.
Viennale im Multiplex?
Eine Idee, die voriges Jahr aufgetaucht ist und bei den Viennale-Betreibern durchaus auf geteilte Meinungen stößt.
"Das heißt nicht ein ganzes Multiplex zu mieten, sondern ein, zwei Säle mit zwei, drei Vorstellungen pro Tag. Aber im Saal daneben soll das normale Kinoangebot laufen. Es ist keine didaktische Idee. Ich möchte nicht Volksbildung machen oder Menschen bekehren, aber vielleicht ist es zumindest eine romantische Idee", räumt Hurch ein.
Gemischtes Programm
Dass die Viennale so viele Besucher anzieht, erklärt sich natürlich in erster Linie durch die Zusammensetzung des Programms - Hans Hurch wird immer wieder vorgeworfen, sehr viele - für manche zu viele - anspruchsvolle Filme zu zeigen, ein Vorwurf den er relativiert: "Das Entscheidende ist, dass man ein Programm mischt. Es wäre uninteressant, nur ausschließlich schwierige, anspruchsvolle, komplizierte, herausfordernde Filme zu zeigen. Ein Festival ist auch ein Fest. Man muss auch Dinge zeigen, die leichter und zugänglicher sind. Das richtige wäre, dass jeder sich sein eigenes Festival bauen kann", erläutert Hurch.
Der Erfolg der Viennale beim Publikum - und es ist ja in erster Linie ein Festival für das Publikum - stellt aber gleichzeitig die Frage, ob man es beim Erreichten bleiben lassen soll, oder in welche Richtung die Viennale sich entwickeln soll und kann: "Will man die Viennale ausbauen, will man in Wien ein internationales Filmfestival als wirklich relevante Veranstaltung im europäischen Zusammenhang endgültig etablieren - ich glaube die Viennale wäre am Weg dahin -, oder will man das nicht?"
Steigende Einnahmen
Und daran hängen Fragen der Finanzierung. Filme werden immer teurer, und auch die technische Entwicklung ist nicht stehen geblieben: So musste etwa für das Gartenbaukino eine Anlage angemietet werden, die eine digitale Projektion ermöglicht - wie das übrigens in vielen Multiplex-Sälen der Fall ist, wo aber dann meist das Abspielen von Filmrollen nicht möglich ist.
"Das einzige, was wirklich laufend steigt, sind die Eigeneinnahmen und darauf bin ich stolz. Wir schaffen es, mehr Karten zu verkaufen, mehr Geld selbst zu lukrieren und mehr Sponsoren zu gewinnen in einer Zeit, wo das nicht einfach ist", so Hurch.
Stargäste
Also ist mehr Geld notwendig, auch um gewisse wichtige Persönlichkeiten einladen zu können. Stars sind natürlich ein Werbefaktor, allerdings geht die Viennale da sehr selektiv vor: "Ich würde nicht sagen: Irgendjemand ist in Europa auf Tour, ist verfügbar, ich kann mich anhängen und hole Cameron Diaz nach Wien, aber in Wirklichkeit gehört die nicht zur Viennale."
Trotzdem haben bedeutende, nicht Paparazzi-konforme Regisseure und Künstler wie Olivier Assayas, Marco Bellocchio und Mike Leigh auch heuer wieder den Weg nach Wien gefunden.
Textfassung: Rainer Elstner