Ausstellung im neuen Prado-Anbau

360 Grad Rubens

Das Prado-Museum in Madrid verfügt über die größte Rubenssammlung der Welt. Von den rund 1.500 von Rubens signierten Bildern sind über 90 im Besitz des "Prado". Dort nahm die Museumsleitung einen Umbau zum Anlass, die sonst auf verschiedene Säle verteilten oder im Depot aufbewahrten Bilder dem Publikum einmal gemeinsam zu zeigen.

Kulturjournal, 10.11.2010

Keine Bevormundung der Besucher

Unter dem Motto "360 Grad Rubens" wirbt das Prado-Museum für eine Ausstellung, die in zwei fast quadratischen Sälen im neuen Zubau zu sehen ist. An allen Wänden wurde der reiche Fundus an Rubens-Bildern neben- und zum Teil auch übereinander gehängt. 90 Gemälde sind so dicht aneinander gereiht, dass sie dem Zuschauer kaum Zeit zum Atemholen lassen. Der Rundum-Blick zeigt ein fast labyrinthisches Panorama, eben "360 Grad Rubens".

Diese ungewöhnliche Form der Hängung wurde bewusst vom Gestalter der Rubens-Schau gewählt. Alejandro Vergara, Chefkurator des Prado-Museums, will den Betrachter nicht bevormunden: Anordnung und Gruppierung der Bilder sind nicht als Wertung gedacht. "Es ist üblich, den Besucher an der Hand durchs Museum zu führen. Wir beabsichtigen das Gegenteil. Der Betrachter soll entscheiden, was er sieht und wie er es sich ansieht."

Der malende Diplomat

Rubens war ein Malerstar. Anerkannt, geschätzt und dank seiner Kontakte zu den Mäzenen und Königshäusern auch überaus wohlhabend. 1577 in Nordrhein-Westfalen geboren, begann er mit 15 eine Maler-Ausbildung in Antwerpen und reiste nach dem Abschluss nach Italien, wo er vom Herzog von Mantua als Hofmaler engagiert wurde. Mit Geschenken für den spanischen König wurde er nach Madrid entsandt, wo er als malender Diplomat im Jahr 1603 den Herzog von Lerma in pompöser Reiterpose porträtierte.

Mit diesem Gemälde beginnt die Ausstellung und zieht einen großen zeitlichen Bogen über 37 Jahre, um mit dem letzten von Rubens gemalten Bild zu enden, "Perseus und Andromeda". Nochmals Alejandro Vergara: "Die Ausstellung ist eine Chronologie. Wir beginnen mit dem frühesten Rubens, den wir besitzen, und schließen mit einem Gemälde ab, das durch seinen Tod unvollendet blieb. Daher sind plötzlich kleine und große Bilder vermischt – es gibt keine Ordnung und keine qualitative Wertung."

So bietet die Ausstellung einen umfassenden, aber ungeschönten Blick auf das Werk des Künstlers, der von Zeitgenossen bejubelt, von seinem Mäzen König Philipp IV. mit Aufträgen überhäuft wurde, dessen Ruf aber heute verblasst ist. Zu Unrecht, findet der Kommissar der Ausstellung, Alejandro Vergara: "Er war immer ein besonderer Künstler, ein großer Poet, der uns zeigt, wie man die wichtigen Passionen der Seele intensiv erleben kann."

Service

Prado - Rubens
Prado - Video zur Ausstellung
Wikipedia - Rubens' "Herzog von Lerma"
Hellenica - Rubens' "Perseus und Andromeda"