USA ernten und verteilen Vorwürfe

Währungsstreit als G-20-Thema

Beim G-20-Gipfel in Seoul wird der Streit über die chinesische Währung wieder aufflammen. Die USA werfen China vor, mit einer niedrig gehaltenen Währung den Wettbewerb zu verzerren und Arbeitsplätze in den USA zu vernichten. Dabei ernten die USA selbst Kritik dafür, den Dollarkurs künstlich zu drücken.

Mittagsjournal, 11.10.2010

Anleihenkauf erhöht Geldmenge

Amerika hat – wieder einmal – die Geldpresse angeworfen. "Quantitative Easing" heißt das Zauberwort, was sich wörtlich in "Mengenmäßige Lockerung" übersetzen lässt. Die zu lockernde Menge ist die Geldmenge, und erreicht wird das Ganze, indem die amerikanische Nationalbank 600 Milliarden Dollar auf den Markt wirft und damit amerikanische Staatsanleihen kauft.

Gezielte Geldentwertung

Der amerikanische Staat kauft also eigentlich amerikanische Staatsanleihen – was nur noch entfernt mit dem ursprünglichen Sinn einer Staatsanleihe zu tun hat. Der Effekt: Es sind mehr US-Dollars auf dem Markt, ohne dass dieser erhöhten Geldmenge eine erhöhter realer Gegenwert gegenüberstünde. Ergo: Der Wert des einzelnen Dollars gegenüber anderen Währungen sinkt. Und genau das ist in der derzeitigen angespannten amerikanischen Wirtschaftslage ein erwünschter Effekt der erhöhten Geldmenge, weil ein niedrigerer Dollar die Exporte ankurbelt.

"Gut für die ganze Welt"

Die USA entwerten also ihre Landeswährung durch einseitige Maßnahmen – und das stößt dem Rest der Welt durchaus sauer auf, denn der Rest der Welt hält seinerseits Billionen von US-Dollars als Reserven, die durch die Dollar-Schwemme an äußerem Wert verlieren. Barack Obamas Erklärungs-Logik dazu ist eine amerikanische: Auf einer Pressekonferenz in Indien meinte der 44. US-Präsident am Montag, dass es eben seine Aufgabe als US-Präsident sei, der US-Wirtschaft zu Wachstum zu verhelfen, denn das sei nicht nur gut für die USA, sondern gut für die ganze Welt.

Folgen für Schwellenländer

Aus amerikanischer Sicht sind die Maßnahmen zur Beeinflussung der eigenen Währung gerechtfertigt, denn solange etwa China den Wert des Yuan künstlich niederhalte, sei er nur angemessen, wenn die USA diesem Ungleichgewicht – aus amerikanischer Sicht – etwas entgegensetze. Am G20-Gipfel wird darüber wohl lange diskutiert werden, denn außer China und den USA betreffen solche Vorboten eines Währungskrieges – Stichwort "wer kann seine Währung am tiefsten halten" – unmittelbar und direkt die ganze Welt: Fällt die Attraktivität des Dollars, dann suchen Investoren neue Betätigungsfelder dort, wo es höhere Zinsen gibt. Schwellenländer wie Brasilien oder Indien, aber auch der EURO-Raum sind dann Ziel ihrer Investitionen. Was wiederum die lokalen Währungen dort massiv aufwertet – und die Exportchancen dieser Länder verringert.

Vorwürfe aus Deutschland

Wolfgang Schäuble, der Finanzminister von Exportweltmeister Deutschland, hält mit seiner Kritik auch nicht hinterm Berg: "Amerika erscheint mir ratlos", meinte Schäuble vergangene Woche, und fügte hinzu, dass die USA nun genau das täten, was sie China vorwerfen würden: Die eigenen Währung künstlich niederzuhalten. Die Antwort von US-Präsident Obama? Siehe Oben: "Ich muss tun, was in Amerikas Interesse ist." In Seoul wird er sich dazu wohl die ein oder andere unterschiedliche Meinung anhören müssen.