Buchhandel zeichnet "Falter"-Chefredakteur aus

Toleranzpreis an Armin Thurnher

Der Publizist und "Falter"-Chefredakteur Armin Thurnher wird am Freitag, 19. November 2010 im Wiener Rathaus mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet. Der 61-jährige gebürtige Bregenzer ist einer der wichtigsten Kritiker der österreichischen Medienlandschaft.

Kultur aktuell, 19.11.2010

Sein wöchentliches ceterum censeo: "Im Übrigen bin ich der Meinung, der Mediamil-Komplex muss zerschlagen werden" ist bereits zum Markenzeichen geworden.

Ertragen anderer Ansichten

Was die Toleranz anlangt, hält sich Armin Thurnher an die klassische Definition: "Toleranz ist für mich das Ertragen von Ansichten, die anders sind als die eigenen. Wobei man nicht unterschlagen sollte, dass es auch ein wechselseitiges Erdulden von Ansichten ist - 'tolerare' heißt ja auf Lateinisch 'erdulden'. Das ist schon ganz wichtig, gerade in einem Medienberuf, wo man sozusagen mit Meinungen handelt. Da kommt's ja besonders darauf an, eine gewisse Unduldsamkeit gegenüber dem, was untragbar ist, nicht zu verlieren und gleichzeitig aber trotzdem die Freiheit des Andersdenkenden anzuerkennen und hochzuhalten."

Mann mit Zivilcourage

Ausgezeichnet wird Armin Thurnher - so die Jury - als "Mann mit Zivilcourage, der sich nie gescheut hat, seine Meinung zu vertreten". Und das tut er im wöchentlichen "Falter"-Leitartikel ebenso wie in seinen Büchern. "Schwarze Zwerge", "Das Trauma, ein Leben" oder "Heimniederlage" - das sind die Titel, unter denen Armin Thurnher als genauer Beobachter die Befindlichkeiten des Landes und seine Medienlandschaft analysiert.

Debüt als Romanautor

Doch damit nicht genug. Im Vorjahr hat er mit einer Liebeserklärung an den Pianisten Alfred Brendel als Romanautor debütiert und sein jüngstes Buch - soeben erschienen - heißt "Thurnher auf Rezept". Kochbuchautor, "Falter"-Mitbegründer und Chefredakteur, Medienkritiker, Romanautor - in welcher Rolle sieht sich Armin Thurnher selbst am liebsten?

"Ich seh' mich am liebsten in der Rolle dessen, der sich nicht auf Rollen festlegen lässt, so einfach", sagt Thurnher. "Wobei es schon so einige Grunddinge gibt, auch beim Kochbuch. Ich bin nicht der Ansicht, dass man sich, wenn man versucht, sich für eine bessere Gesellschaft einzutreten, deswegen selbst kasteien muss." Das Kochen sei als Kulturäußerung der Literatur gar nicht unverwandt, meint Thurnher: "Weil da geht es auch darum, zu wissen, woher das Material kommt, zu verstehen, was es ist und möglichst gut zu verarbeiten und dann auch natürlich zu einem Genuss zu kommen - ob das jetzt ein intellektueller oder ein leiblicher Genuss ist."

Plädoyer für öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Armin Thurnhers Rede zum Toleranzpreis wird ein Plädoyer für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein: "Wenn man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk versucht, an eine parteipolitische Kandare zu legen, dann macht man ihn damit kaputt. Wenn man ihn aushungert und ihm nicht genug Geld gibt, um Qualitätsjournalismus zu machen, macht man ihn kaputt. Wenn man ihn aber auch sich selbst vorauseilend kommerzialisieren lässt, dann lässt man ihn sich selbst kaputt machen."

Statt eines ceterum censeo formuliert Armin Thurnher einen Wunsch: "Dass die Politik einmal kurz innehält und sagt: Wie können wir tatsächlich einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk machen, der zwar nicht der politischen Kontrolle entzogen ist, aber dem parteipolitischen Einfluss? Das erste wäre, das, was immer behauptet wurde und sich immer als Lüge herausgestellt hat, in die Tat umzusetzen; und das zweite wäre eine vernünftige Medienförderung, die nicht den Reichen gibt und den Armen nimmt, sondern die sich nicht erspart, Urteile zu fällen - wo ist Qualität, die sinnvollerweise gefördert werden muss und wo ist Schund, der nicht gefördert werden braucht."

Laudatio von Konrad Paul Liessmann

Am Freitag um 11:00 Uhr bekommt Armin Thurnher im Wiener Rathaus den Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. Die Laudatio wird der Philosoph Konrad Paul Liessmann halten.

Textfassung: Rainer Elstner

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