Enthüllendes über Verhältnis zum Iran

Wikileaks: Brisanz für Nahostpolitik

Etwa eine Viertelmillion Geheimdokumente des amerikanischen Außenministeriums hat die Internet-Plattform Wikileaks öffentlich gemacht. Besonders brisant sind sie für Politik im Nahen Osten und gegenüber dem Iran. Dort "explodieren" vorerst die Internet-Foren und -Blogs, offiziell scheint man noch in Schockstarre zu verharren.

"Ausmaß des Erdbebens noch unklar"

Nahost-Korrespondent Karim el Gawhary im Ö1 Mittagsjournal-Gespräch mit

Tiefes Misstrauen

Die Enthüllungen von Wikileaks sind ein aufregender Lesestoff für die arabische Welt. Darin werden ja dem arabischen Könighaus praktisch die Hosen runtergezogen. Das gilt nicht nur für die Golfstaaten, sondern geht noch weiter. Ganz offensichtlich wird dabei das tiefe Misstrauen gegenüber dem Iran.

Araber gegen den Iran

Wenn zum Beispiel der saudische Botschafter in Washington den saudischen König Abdullah mit der Forderung zitiert, "schneidet der iranischen Schlange den Kopf ab", oder wenn der ägyptische Präsident Hosni Mubarak die Iraner als "große, fette Lügner" bezeichnet - da wird deutlich, wie groß der Unterschied zwischen dem vorsichtigen offiziellen Umgang mit dem Iran und der privaten Meinung ist.

Schweigen kaum durchhaltbar

Was für ein Erdbeben diese Wikileaks-Enthüllungen in der arabischen Welt auslösen werden, weiß man noch nicht. In den arabischen Medien herrscht dazu noch "das große Schweigen in der Wüste". Die Wikileaks-Berichterstattung beschäftigt sich mit Europa und anderen Ländern, aber was die eigenen Regimes betrifft, hält man sich sehr zurück. Anders im Internet: Die Blogs und Twitter-Tweets sind regelrecht explodiert. Deshalb werden die offiziellen Medien diese Entwicklung nicht mehr lange ignorieren können.

Mittagsjournal, 29.11.2010

Geschenke versprochen

Im Ganzen gesehen zeigen die Wikileaks-Dokumente, wie sehr die amerikanische Außenpolitik noch immer von den Nachwehen des 11. September 2001 dominiert wird und wie sehr die großen teuren Kriege und der Kampf gegen die vielen Tausenden kleinen Terrordrohungen den Alltag der Diplomaten bestimmen. Um Verbündete zu gewinnen oder bei Laune zu halten schöpfen die USA ihr ganzes Arsenal von Geschenken, Geschäftskontakten, Bevorzugungen, Drohungen und Strafen aus. Zum Beispiel als Gefangene aus Guantanamo von anderen Ländern übernommen werden sollten, wurden verschiedenste Boni versprochen, darunter Besuche bei Präsident Obama für Slowenien oder Millionenschwere Wirtschaftshilfe für den Inselstaat Kiribati.

Debatte um Iran

Besonders schwierig ist es für die Amerikaner, die Länder des Nahen Ostens zu koordinieren. Israel und einige Arabische Länder sind beispielsweise hinter den Kulissen sehr wohl einer Meinung, was den Iran und sei Nuklearprogramm angeht. Von Sanktionen bis zu einer Militärschlagoption wird alles diskutiert. Das Problem, das einige dabei sehen, ist nur, dass ein Angriff auf den Iran dessen Atomprogramm wahrscheinlich nicht zu Fall bringen würde und im Gegenteil einen atomaren Schlag zur Folge haben könnte.

Verwirrspiel um US-Drohnen

Was öffentlich gesagt wird und was intern ausgemacht ist, steht oft auf einem ganz anderen Blatt. Zum Beispiel dass die Amerikaner im Jemen die Al Kaida Gruppen mit Drohnen angreifen, wird immer wieder bestritten. Ein Dokument zitiert jetzt den jemenitischen Präsidenten mit dem Satz: "Okay, wir machen es weiterhin so, dass wir die Raketen als unsere eigenen ausgeben". Wirklich überraschend ist das wohl nicht.

Intime Details

Recht überrascht hingegen sind Diplomaten anderer Länder, dass sie neuerdings von Diplomaten der USA regelrecht ausspioniert werden, was bisher den Geheimdiensten vorbehalten waren. So haben amerikanische UNO Diplomaten nun Anweisungen, Kreditkartennummern, private Informationen, Arbeits- und Reisepläne und Vielfliegernummern ihrer Kollegen herauszufinden und weiter zu melden. Diese Information wird wohl die Arbeit der Diplomaten nicht einfacher machen. Genauso wenig wie manche kleine pikante Details, wie ausländische Staatsmänner und Frauen intern charakterisiert werden: Angela Merkel wird als risikoscheue "Teflonfrau" dargestellt , Italiens Berlusconi als Frauenfreund mit zwielichtigen Geschäftskontakten zu Russlands Präsident Putin und Frankreichs Präsident Sarkozy als eitlen, leicht beleidigten "Kaiser ohne Kleider".

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