Bürgermeisterwahl in Lienz ungültig

Wahlkarten sorgen erneut für Probleme

Rechtsexperten fordern die Reform der Briefwahl, nachdem das Verfassungsgericht die Bürgermeisterwahl im Osttiroler Lienz aufgehoben hat. Dort waren Wahlkarten ausgegeben worden, ohne die Identität der Empfänger zu prüfen.

Mittagsjournal, 03.12.2010

Wahlmanipulation mit Wahlkarten

Die in den letzten drei Jahren österreichweit eingeführte Briefwahl hat schon mehrfach für Diskussion gesorgt, weil Wahlmanipulationen möglich sind: im Burgenland hatte ein Bürgermeister Wahlkarten selbst bestellt und ausgefüllt. In Wien wurde der Verdacht geäußert, dass für demente Patienten in Pflegeheimen Wahlkarten geordert wurden. In Lienz wiederum wurde eine große Zahl von Wahlkarten nur aufgrund telefonischer Bestellung verteilt. In anderen Fällen wurden Wählern gleich die Wahlkarten für ihre Familienmitglieder übergegeben. Der Verfassungsgerichtshof erklärte die Wahl daraufhin für ungültig. Der Verfassungsjurist Heinz Mayr sagt dazu, dass sich seine Befürchtungen, die er von Anfang an hatte, bestätigt haben. Dieses Wahlrecht sei ganz leicht zu missbrauchen.

Experten für Reform

Es geht letztlich um die Frage, ob Wahlkarten und Stimmzettel wirklich von Wahlberechtigten angefordert und abgegeben werden, oder möglicherweise von jemand anderem. Auch der Verfassungsjurist Bernd Christian Funk hat schon bisher auf die Schwächen der Briefwahl aufmerksam gemacht und spricht sich für eine Reform der Briefwahl aus: "Es müssten Vorkehrungen getroffen werden, dass die Wahlkarten tatsächlich von Wahlberechtigten und nur von ihnen beantragt werden und ihnen tatsächlich zukommen. Dazu könnte man etwa eine persönliche Abholung als Möglichkeit vorsehen oder eine Zustellung per Post mit gesicherten Nachweis." Die bisher vorhandenen Regelungen in den einzelnen Wahlordnungen scheinen hierfür nicht auszureichen. Auch Heinz Mayr ist für eine Verfassungsreform.

Nachfrist problematisch

Für eine Briefwahl-Reform sind inzwischen auch alle politischen Parteien. Besonders umstritten ist dabei allerdings ein Punkt, der mit dem Entscheid zur Wahl in Lienz nichts zu tun hat: Es geht um die sogenannte Nachfrist von bis zu acht Tagen nach der Wahl. Bisher kann nämlich nicht verhindert werden, dass Briefwähler ihre Stimme erst nach dem Wahlabend abgeben. Zu diesem Zeitpunkt sind die Wähler bereits in Kenntnis aller bisherigen Ergebnisse und Hochrechnungen. Umstritten ist, ob diese Nachfrist verkürzt oder ganz abgeschafft werden soll.