Rolle ist kleiner geworden

Österreich und die internationale Bühne

Österreich halte sich international für wichtiger, als es wirklich ist: So sehen US-Diplomaten Wikileaks zufolge Österreich. In der internationalen Außenpolitik nimmt das Land eine weniger bedeutende Position ein als früher, so Experten. Das liegt allerdings auch an der geänderten geopolitischen Lage.

Mittagsjournal, 06.12.2010

Österreichs Rolle im Kalten Krieg

Während des Kalten Krieges hat Österreich eine durchaus aktive Vermittlerrolle gespielt, so der Politologe Peter Filzmaier. "Österreichs Außenpolitik war 35 Jahren lang bis 1990 von der Neutralität und einer dadurch bedingten aktiven Vermittlerrolle im Kalten Krieg geprägt. Diese Rahmenbedingung im internationalen System fällt weg, also ist die österreichische Außenpolitik auch objektiv weniger bedeutend. Eine neue Rolle wurde nicht gefunden. Wir wollen uns das allerdings kaum eingestehen."

EU-Beitritt verändert Außenpolitik

In den 1990er Jahren gab es noch einen zweiten Faktor, der die österreichische Außenpolitik nachhaltig verändert hat: Der EU-Beitritt im Jahr 1995, "der natürlich die Außenpolitik auf die EU-Ebene, insbesondere im Rahmen der gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik übertragen hat. Österreich hätte sich sozusagen außenpolitisch neu erfinden müssen. Das ist nicht geschehen, auch deshalb, weil die Neutralität ein Tabu war, an dem man nicht rühren durfte," sagt Filzmaier.

"Österreich lebt von seinem Ruf"

Dass Österreich auf der internationalen Bühne heute eine weniger bedeutende Rolle spielt als früher, ist ein Befund, den auch Politikberater Thomas Hofer teilt. "Österreich war einmal bedeutender und wie in vielen anderen Themen auch, leben wir in Österreich von dem Ruf, den wir uns einmal erarbeitet haben." Laut Hofer liegt das aber nicht nur an einer geänderten geopolitischen Lage, sondern sehr wohl auch an den Österreichern selbst. "Ich glaube, dass es auch daran liegt, dass die innenpolitische Defensivhaltung auch in Richtung Außenpolitik immer mehr zum Tragen kommt. Auch in der Außenpolitik gilt die Prämisse, dass man besser Konflikte vermeidet." Dann dürfe man sich aber nicht beschweren, dass man das internationale Image abgebe.

Außenpolitik hat keine Priorität

Die Außenpolitik sei für die derzeitige Regierungsspitze nicht so wichtig, so Peter Filzmaier: "Die Priorität ist in der öffentlichen Wahrnehmung sicherlich gering, weil das Budget in Zahlen gegossene Politik ist, und da sind von Botschaftsschließungen bis Kürzungen bei der Entwicklungspolitik einfach Sparmaßnahmen angesagt. Und im Unterschied zu früheren Bundes-und Vizekanzlern überlässt man die Außenpolitik jetzt dem Außenminister." Hofer: "Ich glaube, Außenpolitik ist nicht Priorität Nummer 1. Es ist sicherlich so, dass man versucht, innenpolitisch Punkte zu machen", sagt Thomas Hofer.

Österreich könnte weiter als Vermittler auftreten

Dabei wäre es auch jetzt noch, trotz geänderter geopolitischer Lage, durchaus möglich, auf der internationalen Ebene einen bedeutendere Rolle zu spielen, finden beiden Experten. Nach wie vor könnte Österreich als Vermittler in Krisenherden vor allem im arabischen Raum auftreten, so Thomas Hofer. Laut Peter Filzmaier könnte man in die EU-Außenpolitik aktiver mitmischen.

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