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Maximilian Schell wird 80

Es gibt nur wenige österreichische Künstler, die es in Hollywood, zu Ruhm und Ehre gebracht haben. Einer davon ist Maximilian Schell. Der Schauspieler und Regisseur feiert am Mittwoch, 8. Dezember 2010 seinen 80. Geburtstag.

Kulturjournal, 07.12.2010

Schell hat sowohl im Film als auch auf der Bühne große Erfolge gefeiert, wurde 1961 mit dem Oscar als bester Schauspieler in "Das Urteil von Nürnberg" ausgezeichnet und war vor wenigen Wochen für eine Lesung zu Gast im Theater in der Josefstadt, wo er auch aus seiner im Frühjahr erscheinenden Autobiografie gelesen hat.

Kultur aktuell, 07.12.2010

Maximilian Schell ist gerne auf seinem Berghof in Kärnten. "Die Alm ist einer meiner Ankerpunkte", sagt Schell. Hier hat er seine Kindheit verbracht, hier hat er in den Jahren vor ihrem Tod seine ältere Schwester Maria (1926-2005) gepflegt. Sie litt an Altersdemenz.

Heute lebt Schell mit seiner 48 Jahre jüngeren Lebensgefährtin, der deutschen Opernsängerin Iva Mihanovic, in dem Holzhaus in den Bergen, in der Nähe des Ortes Preitenegg.

Kein Erfolgsmensch

Maximilian Schell ist ein Ausnahmeschauspieler mit einer imposanten Karriere. Er ist einer der wenigen Mimen, die sowohl in Europa als auch in den USA erfolgreich waren. Schell selbst weiß das und inszeniert seine Auftritte: Ohne Schal sieht man den Künstler selten, das Gespräch untermauert er gerne mit großen Gesten. Er mag es, vor Publikum zu agieren.

Doch auf einen Sockel stellt er sich nicht. "Ich bin kein Erfolgsmensch. Ich bin Student. Und das bleibt auch so", sagt er. Er sei auf der Suche. "Ich habe eigentlich gar keinen Beruf. Ich wandere durch das Leben und durch alle Bereiche der Kunst."

Vor den Nazis in die Schweiz geflohen

Der am 8. Dezember 1930 in Wien geborene Schell, der 1938 mit seinen Eltern vor den Nazis in die Schweiz floh und dort aufgewachsen ist, hat Anfang der 1950er Jahre seine Theaterkarriere begonnen. Er hat als Film- und Opernregisseur gearbeitet, als Dokumentarfilmer, Produzent, Musiker, Maler und Bühnenautor.

Einen Namen gemacht hat er sich vor allem als Filmschauspieler. In einer seiner ersten größeren Filmen spielte er 1958 an der Seite von Marlon Brando.

Oscar-Preisträger

Für seine Rolle des Verteidigers in Stanley Kramers Gerichtsdrama "Das Urteil von Nürnberg" 1961 erhielt er den Oscar als bester Hauptdarsteller. Er war der erste deutschsprachige Schauspieler nach dem Zweiten Weltkrieg, dem diese Ehre zuteilwurde. Fast 49 Jahre lang, bis zum Oscar von Christoph Waltz, war er der einzige lebende deutschsprachige Oscar-Preisträger.

Der US-Filmpreis machte ihn zum Weltstar und trieb seine Hollywood-Karriere voran. Es folgten viele Streifen, unter anderem "Topkapi" (1964), "The Deadly Affair" (Anruf für einen Toten, 1967) und "Counterpoint" (Der Befehl, 1967). 1998 stand er für den Hollywoodstreifen "Deep Impact" vor der Kamera.

Patentochter Angelina Jolie

Verbindung zur großen Welt des Films hat Schell bis heute. Hollywoodschauspielerin Angelina Jolie ist seine Patentochter. Dies entstand durch Angelinas Vater Jon Voight, der 1975 in Schells Dürrenmatt-Verfilmung "Der Richter und sein Henker" eine der Hauptrollen spielte. "Ich hatte Angelina als kleines Mädchen auf dem Arm. Aber das ist Erinnerung", sagt Schell heute. Kontakt zur inzwischen glamourösen Patentochter hat er nicht. "Sie weiß wahrscheinlich gar nicht, wer ich bin."

Lange lebte Schell abwechselnd in Los Angeles und auf seiner Alm in Kärnten. Doch die Verbindung über den Atlantik hat er gekappt. Seit George W. Bush Präsident wurde, hat er die USA nicht mehr betreten. "Es war nicht mehr das freie und kreative Land, das ich kannte." Die USA seien ihm durch die Bush-Ära fremd geworden.

Bonvivant mit Schweizer Pass

Das Wandern durch die Welten hatte für Schell auch Nachteile. In Amerika blieb der Charmeur und Bonvivant mit Schweizer Pass oft Außenseiter, ebenso in Deutschland. Hier galt er vielen immer nur als der kleine Bruder von Maria Schell.

Am Herzen liegen Schell bis heute seine Dokumentationen. Er war der Einzige, der die extrem zurückgezogene Marlene Dietrich zu Interviews überreden konnte. Seine Dokumentation "Marlene" im Jahre 1983 war viel beachtet. Ebenso seine Filmdokumentation über die Schwester Maria 2002, zu der er erst spät eine Verbindung fand. Fürs ZDF produzierte er die Geschichts- und Dokumentationsreihe "Terra X".

Operninszenierungen

Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen, wandte sich Schell, dem die Bühne immer sehr am Herzen lag, auch der Oper zu. In Los Angeles inszenierte er auf Einladung von Placido Domingo 2001 Wagners "Lohengrin" und 2005 Richard Strauss' "Rosenkavalier". Auch privat hat Schell sein Glück an der Oper gefunden. In Wien lernte er vor dreieinhalb Jahren seine heutige Freundin kennen. Er arbeitete an der dortigen Oper als Regisseur, sie als Sängerin.

Zur Ruhe setzen will sich Schell nicht. Er plant auch zukünftig Auftritte und Lesungen. Und er will weiter an seinem Lieblingsprojekt arbeiten: Der Kinofilm "Beethoven und Napoleon - Genie und Wahnsinn". Es ist ein Historiendrama über den Komponisten Ludwig van Beethoven und dessen Auseinandersetzung mit Napoleon. Schell hat das Drehbuch geschrieben und würde gern Regie führen. In der Hauptrolle hätte er am liebsten den US-Schauspieler Johnny Depp. Doch zuvor muss Schell erst einen Produzenten finden.

Text: APA, Audio: ORF

Service

"Rosamunde Pilcher: Die Muschelsucher", Dienstag, 7. Dezember 2010, 22:30 Uhr, ORF 2

"Urteil von Nürnberg", Dienstag, 7. Dezember 2010, 0:30 Uhr, ORF 2

"Maximilian Schell - ein sehnsüchtiger Rebell", Mittwoch, 8. Dezember 2010, 9:35 Uhr, ORF 2

"Ein Wunderbarer Sommer", mit Maximilian Schell, Mittwoch, 8. Dezember 2010, 10:30 Uhr, ORF 2