Bundesschulsprecher verteidigt PISA-Boykott
"Auch Eltern für Lesefähigkeit verantwortlich"
Was sagen nun eigentlich Eltern und Schüler zu den ernüchternden PISA-Ergebnissen? Tenor: Die Politik sollte endlich handeln. Aber die Ursachen für die Leseschwäche werden nicht nur in der Schule gesucht, auch die Eltern hätten eine Verantwortung, so die Elternvertreter.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 07.12.2010
Bundesschulsprecher verteidigt Boykott-Aufruf
Ja, sagt Bundesschulsprecher Philipp Pinter von der ÖVP-Nahen Schülerunion, der damalige Boykottaufruf seines Vorgängers in dieser Position habe Auswirkungen auf die PISA-Ergebnisse gehabt. Und nein, das sei kein Fehler gewesen, weil in der damals aufgeheizten Situation nicht mit den Schülerinnen und Schülern geredet wurde.
Texte des PISA-Tests fragwürdig
Überhaupt stellt Pinter speziell die besonders schlechten Lese-Ergebnisse in der PISA Studie in Frage, weil er den Text nicht für ungeeignet hält: "Bei dem Inhalt ist es um Inhaltsspuren von Nüssen gegangen. Das sind Themen, die diese Altersgruppe nicht interessiert und nicht betrifft. Es ist auch bestätigt, dass Texte, die im Interessensbereich von Schülern und Schülerinnen liegen, dass sie diese viel besser bestehen als Texte die sie überhaupt nicht tangieren."
Pinter: Test nach Zufallsprinzip ausgefüllt
Warum haben dann Schüler in anderen Ländern kein Problem gehabt? Pinter: "Das weiß ich nicht. Aber der Boykottaufruf hat sicher eine Wirkung gehabt. Laut unseren Zahlen haben sehr viele Schüler und Schülerinnen diesen Test nach dem Zufallsprinzip ausgefüllt."
Elternvertreter: Kluft schließen
Als nicht schlau und hilfreich wertet hingegen der Vorsitzende der Pflichtschulelternvereine, Gerald Netzl, die seinerzeitigen Boykottaufrufe. Die Kluft zwischen und guten und schlechten Schülern gehöre geschlossen, sagt er. Dazu brauche es ein Bündel an Maßnahmen wie den Ausbau der ganztägigen Schulformen, ein neues Lehrerinnendienstrecht, Stärkung der Schulautonomie verstärkte Förderung der Schwachen.
Lesen: Es gibt auch elterliche Verantwortung
Aber Gerald Netzl streicht - im Hinblick auf die konstatierte Leseschwäche - ausdrücklich die elterliche Verantwortung heraus: "Nämlich, dass wir Eltern den Kindern die Liebe zum Buch näherbringen. Es macht einen Unterschied, ob ich meinem Kind zu Weihnachten das zehnte Spiel für den Gameboy oder ob ich büchergutschein schenke, oder ob ich mit dem Kind einemal in eine öffentliche Bücherei gehe. Klar ist es hart für uns Eltern, aber hier sind wir gefordert."
In der Bildungspolitik hofft Netzl nun auf eine Wende!
Mittagsjournal, 07.12.2010
Reportage aus einer Schule