"Il Postino" in Wien

Jubel für Domingo

Eine neue Oper mit einer der lebenden größten Opernlegenden hatte am Donnerstag, 9. Dezember 2010 im Theater an der Wien Premiere: Der mexikanische Komponist Daniel Catán hat für Plácido Domingo die Oper "Il Postino" geschrieben. In Wien fand nun die europäische Erstaufführung statt.

Kultur aktuell, 10.12.2010

"Il Postino" basiert auf dem gleichnamigen Film und einer Novelle von Antonio Skármeta. Domingo ist in der Rolle des chilenischen Dichters Pablo Neruda zu sehen.

Romantischer Dreiakter

Ein Dichter des Volkes und der Liebe, einer, der den Frauen genau so huldigt wie der Freiheit seiner Landsleute: Einen besseren Stoff für eine romantische Oper kann es kaum geben. Und romantisch ist dieser Dreiakter von Daniel Catán tatsächlich geworden, fast wie eine Hommage an Giacomo Puccini oder Richard Strauss.

Auf einer kleinen italienischen Insel in den 1950er-Jahren ist die Natur wunderschön und die Leute sind arm, aber einfach. Hier lebt der berühmte Dichter Pablo Neruda wegen seiner kommunistischen Gesinnung im Exil. Sein größter Verehrer ist der schüchterne Briefträger Mario, gesungen vom spanischen Tenor Israel Lozano. Ihm bringt der Schriftsteller die Liebe zur Poesie, zu seiner Heimat und zu den Frauen bei. In der Rolle des chilenischen Literaturnobelpreisträgers ist, immer noch stimmgewaltig, Plácido Domingo zu sehen.

Musikalische Einfachheit

Der Startenor steht im Mittelpunkt der Produktion, und das nicht nur auf der Bühne: Er hat Daniel Catán mit dieser Oper beauftragt, vor knapp zwei Monaten wurde sie in der Los Angeles Opera, wo Domingo Generaldirektor ist, uraufgeführt. Die Schönheit des Werkes liege in seiner musikalischen Einfachheit, sagt Domingo, und deswegen werde es auch weiterleben. Catán wisse eben, dass man zum Singen Melodien brauche.

Diese musikalische Einfachheit geht freilich auf Kosten wirklich spannender Ideen, die Musik schwelgt zwischen Puccini und Debussy. Die Wiener Symphoniker und Jesús López-Cobos am Dirigentenpult werden weit weniger gefordert, als man es bei einer zeitgenössischen Oper erwarten könnte, sie üben sich im romantischen Schönklang.

Vom Einfaltspinsel zum Poeten

Von großer Einfachheit ist "Il postino" auch in dramatischer Hinsicht geprägt. Der Postmann Mario wandelt sich zwar vom schüchternen Einfaltspinsel zum Poeten und politischen Kämpfer, doch diese Entwicklung nimmt man ihm nicht wirklich ab - zu einfach sind er und die anderen Figuren gezeichnet.

Zwar geht es ständig um Liebe, Tod und Freiheit, wirklich bewegend wird diese Oper aber erst zum Schluss. In erster Linie ist "Il postino" wohl ein unterhaltsames Stück, das ganz auf seinen Star Plácido Domingo zugeschnitten ist.

Fliegende Blumensträuße

So hat es gestern auch das Premierenpublikum gesehen, das Domingo, aber auch den Rest des Ensembles, mit viel Jubel bedacht hat - fliegende Blumensträuße inklusive. Nach ihrem Gastspiel in Wien, das bis 21. Dezember dauert, wandert die Produktion weiter ins Pariser Théâtre du Châtelet. Am 18. Dezember ist "Il postino" im Programm von Österreich 1 zu hören.

Service

"Kultur.montag", 13. Dezember 2010, 22:30 Uhr, ORF 2 - Interview mit Placido Domingo

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Theater an der Wien