"vampires oft he 21st century oder was also tun?"

Neues vom theatercombinat

2009 wurde sie mit dem Nestroy für die beste Off-Produktion ausgezeichnet. In ihrer aktuellen Inszenierung "vampires of the 21st century oder was also tun?" kreierte Claudia Bosse eine Soundinstallation, in der sie Gespenster der Vergangenheit heraufbeschwört.

Kulturjournal, 13.12.2010

In der 700qm großen Druckerei des ehemaligen Kartographischen Instituts ertönt ein Stimmengewirr. Soundfetzen und Textfragmente, die einander überlappen, dringen zur Zuschauertribüne. Vier Akteure bewegen sich in der riesigen Halle, während ihre Stimmen über Lautsprecher, die im Raum verteilt sind, irgendwo widerhallen.

Die Einheit von Körper und Stimme ist aufgebrochen, die Sprache hat sich verselbstständigt und zirkuliert im Raum. Was auf dieser Bühne gesagt wird, ist oft nur bruchstückhaft zu verstehen. Doch darauf kommt es nicht an. Denn Regisseurin Claudia Bosse hat ein Klangerlebnis inszeniert, das die Zuseher in den Bann zieht.

"Ich finde es relativ interessant, heute mit Akustik zu arbeiten, weil man ja in so einer überdeterminierten Bildwelt operiert und Ton oft nur noch mit Bild zusammen lesen kann. Gleichzeitig sind wir ja ständig im Film in so einer intimen Soundwelt, weil der Ton im Film ja eigentlich mit der Distanz des Bildes übereinstimmt. Ich finde es interessant, wenn Assoziationen über Sounds ausgelöst werden, wenn Sound nicht nur als Dekor benutzt wird, oder um eine Atmosphäre zu kreieren. Gerade weil wir eigentlich die ganze Zeit von so einem Bilderwahnsinn umgeben sind und die Sensibilität für den Ton abnimmt.", sagt Claudia Bosse.

Theater als Soundinstallation

In der aktuellen theatercombinat-Produktion "vampires in the 21st century oder was also tun?" erfindet Claudia Bosse das Theater als räumliche Soundinstallation. Bosse hat Archive durchstöbert und Tondokumente aus zwei Jahrhunderten ausgegraben. Von der ersten phonographischen Aufnahme aus dem Jahre 1859 bis zur Aufzeichnung des Prozesses gegen Saddam Hussein.

Helmut Schmidts offizielle Erklärung zur Terrorwelle im Deutschen Herbst 1977 ist da ebenso zu hören wie eine Rede George Bushs und das berühmte Interview, das Ulrike Meinhofs gegeben hat, kurz bevor sie in den Untergrund abgetaucht ist.

Nach musikalisch-kompositorischen Regeln beschwört Regisseurin Claudia Bosse die Geister der Geschichte, die sich wie Wiedergänger immer wieder in die Gegenwart einschreiben, die wie sprechende Kadaver niemals sterben.

Dass Bosse bevorzugt Texte ausgesucht hat, die sich mit den Möglichkeiten politischen Handelns auseinandersetzen, ist natürlich kein Zufall. Die große Konfrontation der Weltanschauungen ist entschieden. Doch bedeutet das zwingend das Ende der Utopie? Und wie kann ein gemeinsames politisches Engagement in einer Gesellschaft, die den Wettbewerb zu ihrem Leitgedanken gemacht hat, aussehen? Für Claudia Bosse gibt die Wikileaks-Affäre zumindest teilweise eine Antwort auf diese Fragen.

Wikileaks als politische Perspektive?

"Ich bin ja eine total begeisterte Leserin der Julian-Assange-Geschichte. Ich finde das ein unglaublich interessantes Phänomen, wie da plötzlich diese ganze medialisierte Öffentlichkeit und auch die Politik der medialisierten Staaten eigentlich mit ihren eigenen Mitteln ausgehöhlt wird. Das finde ich unglaublich interessant und ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich das in meine Arbeit integrieren könnte", sagt Claudia Bosse.

Auch auf den Raum, in dem Claudia Bosse Sprach- und Diskursflächen der Vergangenheit aufeinanderprallen lässt, bezieht sich die Regisseurin. Denn es ist ein ehemaliges Kartographisches Institut, in dem "vampires oft he 21rst century" gezeigt wird. Ein Ort, an dem Karten gezeichnet, Territorien vermessen, ja Kriege entschieden wurden.

Schließlich konnte die Genauigkeit einer Karte den Verlauf einer Schlacht entscheidend prägen. In ihrem Stück befasst sich Bosse mit den sprachlichen Territorien, mit der Suggestionskraft und manipulativen Macht von Sprachgebirgen und Wortkaskaden. Dem Zuschauer hat Claudia Bosse in dieser theatralen Versuchsanordnung die Funktion des Karten- und Spurenlesers zugedacht.

Die nächsten Aufführungen der aktuelle theatercombinat-Produktion "vampires oft he 21th century oder was also tun?" finden diesen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag im ehemaligen Kartographischen Institut in Wien statt.

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