Das zufällige Wissen im Netz
"Digital Turn"
Die Digitalisierung der Wirklichkeit stand im Zentrum der Hedy Lamarr-Lectures in der Akademie der Wissenschaften. Welche Auswirkungen die Digitalisierung auf das Wissen hat, darüber sprach der Ludwigsburger Philosoph Matthias Rath.
8. April 2017, 21:58
"Das Meer der digitalen Angebote ist so unübersichtlich, dass ich im Endeffekt nur bei einzelnen, zufälligen Funden bleibe und damit gleiche ich einem Kind, das am Strand spazieren geht und nachher sagt 'Schau meine Schätze'."
Zufällig angeeignetes Wissen
Der Zugriff auf digitalisierte Information ist viel einfacher als in der vordigitalen Zeit. Das Wissen, das man sich im Internet aneignet, sagt der Philosoph der pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, ist zufällig.
"Das Wissen des Einzelnen hat sich nur dann verändert, wenn er diesen Zugriff leistet. Wenn er diesen Zugriff leistet, und kann in leisten so breit wie wir es im Moment in der Gesellschaft erleben, dann hat er auch keine Kontrollinstanzen mehr, die ihm Wissen als relevant, als bedeutend oder auch als unbedeutend ausweisen würde. Und da ist, würde ich sagen, die Gefahr. Das Wissen, das ich mir aneigne wird zufällig, weil ich aus dem Meer der Information alles schöpfen kann", sagt Rath.
Journalisten, bedeutender als je zuvor
Informationen im Internet seien rein abrufbare Wissensbestände, die kein gemeinsames Ganzes mehr haben, sagt Matthias Rath. Die klassischen Medienakteure, die Journalisten, seien daher bedeutender als je zuvor.
"Im Moment nehmen wir natürlich wahr, was alles geht im Netz, aber die Kontrollfunktion, die Schaffung von Transparenz auch das deutlich machen, mit welchen Motiven stellt eigentlich jemand Informationen ins Netz. Mit welchen Motiven bietet WikiLeaks 250.000 Dokument an? Diese Informationen müssen qualifizierte Journalisten überprüfen. Haben sie ja auch getan, im Fall WikiLeaks. Das darf man ja auch nicht vergessen."
WikiLeaks mache deutlich, dass die Internetznutzer Teil des Spiels sein wollen, sagt der Philosoph Rath. Die Medienunternehmen seien gefordert, kontrollierte Foren und Kanäle im Netz zu schaffen, um eine neue Basis für den Austausch von Wissen, das als sittlich angesehen wird, zu bieten, sagt Rath.
Service
Österreichische Akademie der Wissenschaften - Hedy Lamarr-Lectures 2010
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