dans.kias im Tanzquartier Wien

Pictographic Events

Sie ist das Aushängeschild in Sachen zeitgenössischer Tanz in Österreich: Vor 15 Jahren hat die Choreografin Saskia Hölbling ihre Truppe danskias gegründet und ist damit sowohl in Österreich als auch im Ausland - speziell in Frankreich sehr erfolgreich. Ihr jüngstes Stück mit dem Titel "Pictographic Events" ist nun im Wiener Tanzquartier zu sehen.

Saskia Hölbling studierte bei Anne Teresa de Keersmaker in Brüssel, hat unter anderem mit Bob Wilson gearbeitet und zahlreich internationale Preise erhalten.

Über ihr aktuelles Stück, aber auch darüber, was es heißt seit 15 Jahren in der freien Szene zu arbeiten, hat sie mit Katharina Menhofer gesprochen.

Kulturjournal, 17.12.2010

Hunde an die Leine, Rauchverbot, Kinderwagenabstellplatz, Sitzplatz für bedürftige Menschen, Videoüberwachung, Fotografieren verboten,... Piktogramme, die uns Verhaltensrichtlinien geben, zieren die Wände in U-Bahnen, auf Flughäfen, und öffentlichen Plätzen, sie sind auf T-Shirts, Postkarten und Ausstellungsplakaten zu sehen. Und Saskia Hölbling ist aufgefallen, dass sie immer mehr werden. In ihrer Choreographie befragt sie die Zeichen unter anderem auf ihre Ein- oder doch Zweideutigkeit.

Fünf Performerinnen in schwarzen Ganzkörperanzügen übersetzten Alltagsbewegungen in Piktogramme, brechen sie, spielen mit Stereotypen und bringen manchmal unerwartete Wendungen. Die Videos von Doron Goldfarb und die Musik von Heinz Ditsch ergängen, erklären und führen weiter.

Sinnlicher Tanz und abstrakte Metaebene

Wenn Saskia Hölbling über ihre Stücke spricht, dann tut sie das mit vielen abstrakten Ausdrücken. Sie spricht von "framing" und "posing", von "tracing sequences" und von der "Ökonomie der Geste". Viel Recherchearbeit und lange philosophische Denkprozesse liegen ihren Arbeiten zugrunde.

Das steht im Gegensatz zu ihrer klaren Tanzsprache, die eher die sinnlich emotionale Ebene anspricht. Im Laufe der Jahre hat sie sich in ihren Stücken schon der Erforschung von Körperinnenräumen, Körpergrenzen oder Körpergedächtnis gewidmet, und fast alle ihre Arbeiten waren erfolgreich.

Das Elend der freien Szene

Vor 15 Jahren hat die heute 39-jährige Saskia Hölbling dans.kias gegründet - damals war sie eine der wenigen Choreografinnen mit eigenem Ensemble. Sie zeigte ihre Werke beim Impulstanzfestival, arbeitete in Strassburg und Montpellier und wurde mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Ein steiler Weg bergauf. Dann kam die Off-Theaterreform, und dans.kias gehörte zu jenen, die eine Vier-Jahres-Konzeptförderung erhielten. Man beschloss sesshaft zu werden, und mit einem Probe und Aufführungsraum eine Basis für die Truppe zu schaffen, und ein artist in residence Programm aufzubauen. Doch im September 2009 war es vorbei mit der Vier-Jahres-Förderung und damit auch mit dem Studio.

Im Moment ist Saskia Hölbling zumindest strukturell und finanziell wieder da angelangt, wo sie vor 15 Jahren begonnen hat. Das Geld ist knapp, Koproduktionspartner findet man in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht mehr leicht und im Tanzquartier kann sie ihre Arbeit an gerade zwei Abenden zeigen. Wenn sie ein Erfolg wird - und nur dann- wird sie vielleicht noch zu Festivals eingeladen. Alles ist unsicher.

Auch in Frankreich ist ihr mit dem Tod von Odile Duboc, der Leiterin des centre choreographique in Belford, eine wichtige Stütze abhandengekommen. Zu Frankreich hat Hölbling eine besondere Affinität. Gerade, dass der Tanz dort bis tief in die Regionen hinein präsent ist, gefällt ihr.

Wie es in Österreich weitergeht, das weiß Saskia Hölbling noch nicht. Das Planen ist wieder sehr kurzfristig geworden, hängt von Partnern und finanziellen Mitteln ab, und auch ihr einjähriger Sohn verlangt viel an Zeitmanagement von ihr ab.

An neuen Energien, künstlerischer Energie und Kraft mangelt es ihr jedoch nicht - auch nicht nach 15 Jahren.

Textbearbeitung: Joseph Schimmer