Extrem überhöhte Quecksilberwerte im Blut

Russisches Dissidentenehepaar in Berlin vergiftet

Nach dem gestrigen Schuldspruch gegen den früheren Ölmagnaten und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski sorgt eine Meldung aus Berlin für Aufsehen: Ein seit kurzem in Deutschland lebendes russisches Dissidentenehepaar könnte vergiftet worden sein. Laut Nachrichtenmagazin Focus wurden im Blut der beiden Kreml-Kritiker stark erhöhte Quecksilberwerte festgestellt.

Mittagsjournal, 28.12.2010

Zweiter Fall Litwinenko?

Der Fall erinnert stark an den rätselhaften Tod des ehemaligen Geheimdienstoffiziers und Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko, der vor vier Jahren im Londoner Exil an einer Vergiftung mit dem stark radioaktiven Substanz Polonium 210 gestorben ist. Diesmal ist allerdings Quecksilber im Spiel, wie eine Sprecherin des Berliner Krankenhauses Charité bestätigt.

Fast 18-facher Quecksilberwert

Demnach wurden bereits Anfang November im Blut der beiden russischen Dissidenten Marina und Viktor Kalaschnikow stark erhöhte Quecksilberwerte festgestellt. Im Fall des 58-jährigen Viktor Kalaschnikow, der laut Nachrichtenmagazin Focus vor der Wende als Militärexperte und Oberst des Geheimdienstes KGB tätig gewesen war, wurden 53,7 Mikrogramm Quecksilber pro Liter Blut gemessen, im Fall seiner Frau Marina sind es 56 Mikrogramm. Der Grenzwert liegt bei drei Mikrogramm des giftigen Schwermetalls pro Liter Blut.

Lebensbedrohliche Folgen

Eine Quecksilbervergiftung kann unter anderem Nierenschäden und Sprach- und Sensibilitätsstörungen bewirken. Aufgrund der erhöhten Quecksilberwerte und aufgrund der Aussagen der beiden Betroffenen hat die Staatsanwaltschaft Berlin nun Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung durch Vergiftung aufgenommen. Zuständig ist das Fachreferat für Straftaten mit politischem Hintergrund, wie Silke Bäcker, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Berlin bestätigt.

Kreml-kritische Journalisten

Demnach halten sich die beiden freien Journalisten, die in den vergangenen Jahren immer wieder kritisch über die Tschetschenien-Politik des Kremls geschrieben haben, seit Anfang September in Berlin auf. Noch ist nicht bekannt, wie das Ehepaar mit dem Gift in Kontakt gekommen sein könnte. Die mögliche Vergiftung des russischen Dissidentenehepaars in Deutschland lässt nach dem gestrigen umstrittenen und international kritisierten Schuldspruch gegen Michail Chodorkowski ein weiteres Mal Zweifel über die Methoden der Macht in Russland aufkommen.

Litwinenko: Putin als Auftraggeber genannt

Auch der Mordfall des Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko vor vier Jahren ist bis heute nicht aufgeklärt. Am Sterbebett hatte Litwinenko
den damaligen Präsidenten und heutigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin als Hintermann des Anschlags beschuldigt - Putin hat das stets bestritten.