Oppositionelle als Faustpfand?

Weißrussland: Was macht Moskau?

Die Europäische Union droht Weißrussland mit Sanktionen. Grund ist die Verhaftung von Oppositionspolitikern nach dem Wahlgang am 19. Dezember. In Minsk wurden mittlerweile 150 von mehr als 600 verhafteten Regierungsgegnern freigelassen. Mit Spannung wird beobachtet, wie sich Russland verhält.

Mittagsjournal, 04.01.2011

Pressekonferenz abgesagt

Der fünfunddreißigjährige Vitali Rymaschewski war einer der Gegenkandidaten von Alexander Lukaschenko bei den Präsidentenwahlen am 19. Dezember. Rymaschewski wurde am Wahlabend krankenhausreif geprügelt und anschließend in das Geheimdienst-Gefängnis in Minsk gebracht. Am Montag wurde er freigelassen. Am Dienstag wollte er in einer Pressekonferenz die Vorfälle schildern. Aber diese Pressekonferenz wird wohl nicht stattfinden, da ihm in diesem Fall erneut mit der Verhaftung gedroht wurde.

Gemeinsame Position Russland - EU?

Die politischen Folgen des Gewaltausbruchs lassen sich aus Moskauer Perspektive nicht eindeutig absehen: "Die weiteren Beziehungen zu Minsk sind in höchstem Maße unklar. Präsident Medwedew zögert noch in der Beurteilung. Vielleicht ist sogar eine gemeinsame Position mit der EU möglich. Das heißt nicht, dass es so kommen muss, aber es ist nicht ausgeschlossen. Warten wir ab, wie das Europaparlament reagiert und die EU-Außenminister am 31. Jänner." Wie es aussieht, werden die EU-Außenminister bis dahin überlegen müssen, ob und wie sie die derzeit ausgesetzten Sanktionen wieder in Kraft setzen, ein Einreiseverbot für Präsident Lukaschenko eingeschlossen.

Verhandlungen im Hintergrund

Die festgenommenen Regierungsgegner sind nach Meinung des Moskauer Experten Kyrill Koktysch vor allem Tauschmaterial. Die Regierung, sagt der Experte, hält die Leute fest, um sie gegen etwas einzutauschen. Und da gibt es ja genug zu tun. Von der Zahl der politischen Häftlinge wird es abhängen, wie die Beurteilung des EU-Parlaments und der EU-Außenminister ausfällt. Und auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) verhandelt bereits im Hintergrund. Nach einer deutlichen Kritik am Wahlgang hat die weißrussische Regierung auch das OSZE-Büro in Minsk schließen lassen. Die OSZE, derzeit unter litauischem Vorsitz, will diesen Konflikt rasch beenden und damit der Organisation die Chance zur Weiterarbeit geben. Die OSZE hat sich seit 1998 intensiv um die Erfassung von Menschenrechtsverletzungen gekümmert und unabhängige Journalisten und Nicht-Regierungsorganisationen unterstützt.