Immer mehr Menschen brauchen Hilfe
Hochbetrieb bei den Schuldnerberatungen
Jetzt, nach Weihnachten, kehrt in vielen Haushalten die Ernüchterung ein. Beim Weihnachtseinkauf hat man sich übernommen, die Schulden sind weiter gewachsen. Bei den Schuldnerberatungen herrscht daher Hochbetrieb. Deutlich mehr Menschen als sonst bemühen sich gerade jetzt im Jänner um professionelle Hilfe.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 07.01.2011
Privatkonkurs als letzter Ausweg
Frau Jana hat sich vor drei Jahren an die Schuldnerberatung in Graz gewandt. Weil sie für ihren Mann Kredite mitunterschrieben hat, ist sie plötzlich mit 22.000 Euro Schulden dagestanden. Eine Beraterin hat ihr dann geholfen, ihre Schulden wieder in den Griff zu bekommen. Frau Jana ist jetzt im Privatkonkurs. Dieses Verfahren soll ihr dabei helfen, in einigen Jahren schuldenfrei zu sein.
50.000 Menschen haben Hilfe gesucht
Über 50.000 Menschen haben sich im Vorjahr an die zehn staatlich anerkannten Schuldnerberatungen gewandt. Die Gründe für die Schulden können vielfältig sein, sagt Christoph Lösch von der Schuldnerberatung Graz: "Zu einem Viertel ehemalige Selbstständigkeit, zu einem Viertel liegt der Hauptgrund im Konsumverhalten und ein weiteres Viertel ist das familiäre Umfeld." Auch Arbeitslosigkeit kann ein Grund sein, dass sich die finanzielle Situation plötzlich drastisch verschlechtert und einem der Schuldenberg über den Kopf wächst.
70.000 Euro Schulden
Im Schnitt sind die Kundinnen und Kunden der Schuldnerberatungen mit über 70.000 Euro verschuldet. Ohne professionelle Hilfe kommen sie aus dieser Situation oft nicht mehr heraus.
Morgenjournal, 07.01.2011
Schuldnerberater Alexander Maly im Ö1 Interview mit
"Gläubiger sind vorsichtiger"
Alexander Maly von der Schuldnerberatung Wien sagt, dass sich durch die Finanzkrise vor allem in der Finanzgebarung der Gläubiger etwas verändert hat: "Die Gläubiger sind nämlich vorsichtiger geworden. Wir erkennen das daran, dass die Zahl der Neuanmeldungen bei uns seit zwei Jahren, also seit Beginn Finanzkrise stagniert. Zum Beispiel in Wien melden sich etwa pro Monat 600 Menschen neu an. Aber diese Zahl ist seit zwei Jahren unverändert und das hat uns alle erstaunt."
Junge Leute und Schulden
In Österreich wird es den jungen Leuten besonders leicht gemacht sich zu verschulden, sagt Maly: "Hier kann man Schulden machen, bevor man gelernt hat überhaupt mit Geld umzugehen. Das ist ein Systemmangel. Es gibt Länder, die machen das anderes, die sagen wer jung ist muss sich erst eine Bonität erwerben. In Österreich ist es so, dass die Bonität für einen Kontoüberziehungsrahmen von vornherein da ist. Erst, wen ich bewiesen habe, dass ich mit Geld nicht umgehen kann, dann bin ich in den sogenannten Warnlisten gespeichert. Erst dann bekomme ich die Produkte nicht mehr."
Die meisten versuchen es zuerst ohne Hilfe
Die Menschen kommen meistens erst zur Schuldnerberatung, wenn gar nichts mehr geht, sagt Maly: "Es ist auch typisch, dass die Gruppe, die bei uns am meisten repräsentiert ist zwischen 40 und 45 Jahre ist. Wenn wir aber schauen wann haben die Schulden begonnen, dann sehen wir es hat bereits mit 18, 20 Jahren begonnen."
Raus aus den Schulden
Nach einer Haushaltsanalyse und einer Einnahmen- und Ausgabengegenüberstellung, schaut sich die Schuldnerberatung an, wer aller ein Geld von diesem Haushalt will. Wenn eine zu hohe Überschuldung vorliegt, ist meist der Privatkonkurs der letzte Ausweg, sagt Schuldnerberater Maly: "Wenn ich im Privatkonkurs bin muss ich auf die Dauer von sieben Jahren das Pfändbare von meinem Einkommen zur Verfügung stellen. Danach werden mir die restlichen Schulden erlassen." Im Großen und Ganzen sei der Privatkonkurs ein Erfolg auf allen Linien. Die Rückfallsquote sei nur sehr gering.