Bosnien-Film von Jasmila Zbanic
Zwischen uns das Paradies
Mit ihrem ersten Film "Grabvica" hat die bosnische Regisseurin Jasmila Zbanic 2006 in Berlin den Goldenen Bären gewonnen. In ihrem neuen Werk "Na Putu - Zwischen uns das Paradies" widmet sie sich nun entlang einer Liebesgeschichte den Folgen des Bosnienkrieges.
8. April 2017, 21:58
Der Film ist ab Freitag, 14. Jänner 2011 in den österreichischen Kinos zu sehen.
Kultur aktuell, 13.01.2011
Eigenwillige Liebesgeschichte
"Wir brauchen gute Kämpfer", heißt es gegen Ende von "Na Putu - Zwischen uns das Paradies". Diese Botschaft scheint zu Beginn dieser eigenwilligen Liebesgeschichte zwischen Luna und Amar so weit weg, wie auch die Wunden des Balkankrieges in der Aufbruchsstimmung Sarajevos geheilt scheinen. Doch schon bald drängt der Krieg über kleine Geschichten in das Leben der Protagonisten, und die Wunden des Krieges werden zum Nährboden für religiösen Fundamentalismus.
Luna und Amar sind ein junges Paar, sie leben gemeinsam in Sarajevo - feiern mit Freunden, sind glücklich und wünschen sich ein Kind. Sie arbeitet als Stewardess, er als Fluglotse. Doch eines Tages wird Amar entlassen, weil er am Arbeitsplatz getrunken hat. Er trinkt, um die Erinnerungen an den Krieg zu verdrängen, und um die Leere und Verzweiflung zu füllen, die geblieben ist. Und in diesem Moment der Leere trifft Amar einen alten Kriegskameraden, der inzwischen zu einer streng religiösen islamischen Wahabitengemeinde konvertiert, ihm einen Job in einem abgelegenen Camp anbietet.
Hinwendung zur Religion
Luna ist von Anfang an skeptisch, doch Amar scheint in der Religionsgemeinschaft schnell jene Stabilität und Sicherheit zu finden, die ihm vorher gefehlt hat. Und mit seiner wachsenden Religiosität werden die Verlockungen seines früheren Lebens, vom Alkohol über die Partys hin zum Sex plötzlich zu den Sünden der westlichen Konsumgesellschaft. Bei einem Fest mit Lunas Verwandten attackiert Amar diese wegen ihrer liberalen Glaubensauffassung und es kommt zum Streit.
Amar kehrt mit seiner plötzlichen Hinwendung zur Religion nicht nur seinem alten Leben, sondern auch seinem gemeinsamen Leben mit Luna zunehmend den Rücken zu. Und Luna, die sich anfangs noch in Toleranz übt, muss sich entscheiden, wie weit sie ihr eigenes Leben an das Neue Amars anpassen kann und will. Es ist Zbanic dabei um die Notwendigkeit gegangen, sich in einer Beziehung an den anderen an zu passen, und zugleich um das Bedürfnis, sich dabei seine eigene Individualität zu bewahren.
Klischees und Vorurteile
Zbanic verhandelt Amars Entwicklung nicht propagandistisch, aber manchmal schablonenhaft im Umgang mit Klischees und Vorurteilen: Sowohl gegenüber dem Islam mit seinen radikalen Auswüchsen, wie auch umgekehrt gegenüber der westlichen Welt und seiner Konsumgesellschaft. Zugleich bleiben diese Veränderungen aber entlang der auseinander wachsenden Beziehung zwischen Luna und Amar aber immer nachvollziehbar.
Es geht in diesem nüchtern wie mitreißend erzählten Film um die durch den Krieg uneingelösten Träume und Hoffnungen einer Generation. Und darum, wie die zurückgebliebene Leere einen Steinwurf von Europa entfernt zum Nährboden für religiösen Fundamentalismus werden kann.