Außenministerium spricht Reisewarnung aus

Weiter Gewalt in Tunesien

Die Zahl der Toten bei den blutigen Unruhen in Tunesien steigt weiter an. Mindestens sechs Menschen kamen bei gewaltsamen Ausschreitungen am Mittwoch ums Leben. Ein 25-Jähriger wurde im Zentrum der Hauptstadt Tunis von einer Kugel in den Kopf getroffen. Weitere Tote wurden aus Douz und Tataouine im Süden des Landes gemeldet.

Abendjournal 13.1.2011

Schüsse und Schreie

Trotz einer nächtlichen Ausgangssperre in Tunis war es in der Nacht auf Donnerstag erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Die Ausschreitungen ereigneten sich in den Vorstädten der tunesischen Hauptstadt, Ettadhamoun und Intilaka, wie Augenzeugen berichteten. "Wir haben die ganze Nacht Schüsse und Schreie gehört", sagte eine Krankenschwester.

Noch am Donnerstagmorgen waren über zwei Gebäuden Rauchsäulen zu sehen - die Feuerwehr versuchte, in den von Schutt übersäten Straßen das Feuer zu löschen. Mehrere Gebäude wurden beschädigt, zum Teil waren die Fensterscheiben geborsten. Auch Geschäfte und eine Apotheke wurden beschädigt. Zwei verkohlte Autos waren vor Verwaltungsgebäuden zu sehen, Schilder wurden herausgerissen und Busse zerstört - ein Bus fuhr noch mit rauchenden Reifen.

Proteste gegen den Präsidenten

Die Armee zog sich am Donnerstag aus Tunis zurück. Stattdessen wurden Spezialeinheiten der Polizei im relativ belebten Zentrum stationiert. Einsatzkommandos der Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen lösten die Armee vor zentralen Plätzen und Verkehrsknotenpunkten ab. Nur an einem Platz im Stadtzentrum waren zunächst noch zwei Militärfahrzeuge mit bewaffneten Soldaten zu sehen.

Die Proteste richten sich gegen Präsident Zine el Abidine Ben Ali, der für die hohe Arbeitslosigkeit, für Korruption und Polizeigewalt verantwortlich gemacht wird. Die Unruhen hatten im Dezember begonnen, als sich ein junger arbeitsloser Akademiker aus Protest gegen die hohe Arbeitslosigkeit in dem nordafrikanischen Land anzündete.

Mindestens 66 Tote

Insgesamt sind nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation bisher mindestens 66 Menschen ums Leben gekommen. Allein in der Nacht auf Donnerstag seien acht Menschen gestorben, teilte das Internationale Menschenrechtsbündnis FIDH in Paris mit. Die Ausschreitungen glichen einem fortdauernden "Massaker". Am Dienstag hatte das Bündnis von 35 Toten seit dem Wochenende gesprochen, die Regierung gab zuletzt 21 Tote an.

Österreich warnt Reisende

Das österreichische Außenministerium hat angesichts der jüngsten Eskalation der Unruhen in Tunesien eine Reisewarnung für das ganze Land herausgegeben. Die seit 18. Dezember 2010 andauernden gewalttätigen Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden hätten sich bisher auf Gebiete abseits der wichtigen Tourismuszentren beschränkt, doch dies treffe nicht länger zu, schreibt das Außenministerium am Donnerstag auf seiner Internetseite. Die weitere Entwicklung in dem Land sei unsicher und nicht vorhersehbar. Das Auswärtige Amt in Deutschland rät auf seiner Internetseite ebenfalls von nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Tunesien ab.

Text: APA, Audio: ORF