Im Journal zu Gast: Hannes Androsch
"Ära Kreisky hat Österrreich zum Besseren verändert"
Im Journal-zu-Gast-Interview ist heute der ehemalige SPÖ-Politiker und Industrielle Hannes Androsch. Unter Bundeskanzler Bruno Kreisky war er der jüngste Finanzminister der Republik und einer von Kreiskys engsten Mitarbeitern. Wie sieht er die Kreisky-Ära? Heute mischt er in der Bildungspolitik mit: Mit einem Volksbegehren will er Druck auf die Politik ausüben, Reformen anzugehen.
8. April 2017, 21:58
Bildungsvolksbegehren
Der Text für das Bildungsvolksbegehren sei in Arbeit, sagt Hannes Androsch. Es werde noch zwischen Breite und Tiefe gearbeitet. Ob die Reizthemen Gesamtschule und Studiengebühren in dem Text enthalten sein werden, wird Androsch gefragt. Was der Text sicher nicht machen werde, sei den Ausgleich zwischen den Parteien zu übernehmen, betont Androsch. Man werde aber sicherlich konkret das Vorschuljahr, ein breites Angebot an Ganztagsschulen und ähnliches ansprechen. Das Volksbegehren soll das Thema Bildungsreform "anschieben".
Mittagsjournal, 15.01.2011
Verantwortung für die Zukunft
Langweilig sei ihm nicht, deshalb habe er das Volksbegehren auch nicht initiiert, unterstreicht Androsch. Aber er habe sich immer in öffentlichen Angelegenheiten engagiert und es könne einem nicht egal sein, wie es mit der Zukunft der Jugend weitergehe, auch wenn man es selbst vielleicht nicht mehr erlebe werde.
Vor allem wolle er mit dieser zivilgesellschaftlichen Initiative einem "pervertierten Föderalismus" entgegentreten, meint Androsch. Deshalb habe er auch den Weg eines Volksbegehrens genommen. Er wolle damit natürlich auch die Bildungsministerin Claudia Schmied und die Wissenschaftsminister Beatrix Karl in ihren Bemühungen unterstützen.
Erfolg, ab wann?
Das Volksbegehren sei eine Aufforderung im Sinne der Kinder und Enkel, das im breitesten zu unterstützen. Ob er mit 100.000 Unterschriften zufrieden sei? Er erwarte sich sicherlich weit mehr als 100.000 Unterschriften.
Volksbegehren: Industrie hat Interesse daran
Die Kosten hat der Industrielle bisher selbst getragen. Um eine richtige Kampagne auf die Beine stellen zu können, werde er bei der Wirtschaft "Geld schnorren" gehen, so Androsch. Zahlreiche Wirtschaftsbetreibe hätten großes Interesse an dem Volksbegehren, da sie sich besser (aus-)gebildete Lehrlinge wünschten. Mündliche Zusagen hätte er schon.
Beziehung zu Kreisky
Langzeitbundeskanzler Bruno Kreisky sei im Bewusstsein der Menschen geblieben, da durch seine Reformen in Österreich vieles möglich geworden wäre, unterstreicht Androsch. Es sei eine Zeit des Aufbruchs gewesen, viele hätten Karrieren machen können, die es ohne die Änderungen der 70-er Jahre nicht möglich gewesen wären. Androschs Resümee: Die Ära Kreisky habe das Land dauerhaft zum Besseren verändert.
Kritischer Rückblick
Man müsse aufpassen, dass man nicht in die Falle der Nostalgie tappe. Aber es seien so viele Reformen passiert, dass man keine Verklärung brauche. Man könne die Zeit auch kritisch betrachten, sagt Androsch. Er denke an die Verstaatlichte, an die Energiepolitik und an die Finanzierung des Wohlfahrtsstaates denke. Von Kreisky sei ein sozialeres, eine weltoffeneres Österreich geblieben.
Bruch mit Kreisky
Für sein Zerwürfnis mit Kreisky habe es vielfache Gründe gegeben, sagt Androsch. Sicher nicht der Grund gewesen sei, dass es Probleme mit seiner Steuerberatungskanzlei gegeben habe oder, dass er Kreisky ins Bundespräsidentenamt wegloben habe wollen. Es habe sachliche Gründe gegeben und eine paar persönliche Missverständnisse, die nie aufgeklärt worden seien. Er und Kreisky hätten sich nie über das Ziel gestritten, manchmal aber über den Weg.
Keine Vergleiche möglich
Vergleiche zwischen damals und heute, zwischen Bruno Kreisky und Werner Faymann will Androsch nicht ziehen. Auf mögliche Parallelen im seinem Leben mit denen im Leben von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser angesprochen, betont Androsch, dass er da keine Vergleichsbasis sehe.