Dem Druck der Straße entsprochen
Tunesiens Präsident geflohen
In Tunesien herrschen nach der Flucht von Präsident Ben Ali weiterhin Chaos. Ben Ali ist mit seinem Flugzeug in Saudi Arabien aufgenommen worden, nachdem ihm Frankreich am Abend die Landung verweigert hat. Trotz geltender Ausgangssperre kam es in der Nacht in Tunis und anderen Städten vereinzelt zu Plünderungen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 15.01.2011
In Frankreich unerwünscht
Nach 23 Jahren an der Macht hat Tunesiens Präsident Zine el Abidine Ben Ali gestern dem gewaltigen Druck der Straße nachgegeben, und ist geflohen. In Frankreich unerwünscht, drehte sein Flieger ab nach Saudi Arabien, wo er mit seiner Familie in der Hafenstadt Dschidda empfangen worden ist.
Dramatisch und historisch hat sich der gestrige Tag auf den Sturz der Diktatur zubewegt. Abertausende waren in den Straßen von Tunis, und schrien: "Verschwinde Ben Ali!"
Regierungschef übernimmt Verantwortung
In einem ebenso kurzen wie trockenen Statement hat Regierungschef Mohamed Ghannouchi, ein getreuer Gefolgsmann Ben Alis in den vergangenen Jahrzehnten, am Abend im Staatsfernsehn erklärt, der Präsident sei außerstande zu regieren, er sei jetzt verantwortlich. Der Revolte des Tages folgten in Tunis der Nacht Plünderungen. Hauptbahnhof, Geschäft und Wohngebäude brannten, die Armee kreiste mit Hubschraubern über der Stadt. Sie hat offenbar den Auftrag, die Ruhe wiederherzustellen - schien damit aber mehrfach überfordert. Es gilt weiterhin der Ausnahmezustand.
Touristen flüchten
Der internationale Flughafen ist abgeriegelt, keine Maschine darf landen. Tunesiens blaue Strände sind menschenleer. Tausende Touristen haben in den vergangenen Tagen das Land fluchtartig verlassen.
Übergangsregierung
Premier und Übergangspräsident Ghannouchi hat angekündigt, das Land so lange zu lenken, bis Wahlen abgehalten werden können. Verfassungsgemäß dürfte er nicht länger als 60 Tage im Amt sein. In einem Interview mit Al-Jazeera hat er erklärt, er wolle noch heute über die Bildung einer neuen Regierung verhandeln.
Opposition schwach
Zwei Oppositionsparteien hätten Breitschaft signalisiert. Aber Tunesiens Opposition ist in den Jahren der Diktatur verkümmert, und genießen - genauso wir Regierungschef Gannouchi und dessen Verbündete - wenig Vertrauen in der Bevölkerung. Noch ist eine echte Beruhigung nicht in Sicht.