Ehemalige Kolonialmacht will sich raushalten
Tunesischer Umsturz: Paris schweigt
Die frühere Kolonialmacht Frankreich beherbergt rund eine Million Tunesier, unter ihnen auch zahlreiche tunesische Oppositionspolitiker oder Gewerkschafter, die ihr Land verlassen mussten. Das offizielle Frankreich hat sich mit Kritik am schwankenden Diktator und an der gewaltsamen Repression mehr als zurückgehalten. Dafür hagelt es heute in der französischen Presse heftige Kritik.
8. April 2017, 21:58
Paris nicht glücklich mit Entwicklung
"Die Revolution in Tunesien hat ohne Frankreich stattgefunden, heißt es im Leitartikel der "Nouvelle Republique des Pyrénées" , Kultur- und Außenminister haben herumgedruckst, Präsident Nicolas Sarkozy beredt geschwiegen , das Verhalten des offiziellen Frankreichs ist schlicht eine Schande. In der Tat vermitteln in Paris Präsident und Regierung den Eindruck, als kämen ihnen die Ereignisse in Tunesien nicht gelegen, als sei ihnen der Sieg des demonstrierenden tunesischen Volkes und die erzwungene Flucht Ben Alis eher peinlich.
Mittagsjournal, 15.01.2011
Ben Ali: Schutz gegen Islamismus?
Man kann nur schwerlich von heute auf morgen vergessen machen, dass sich sämtliche französischen Politiker, ob konservativ oder sozialistisch, seit einem Viertel Jahrhundert mehr oder weniger mit dem tunesischen Diktator kompromittiert haben. Mit dem Argument, Ben Ali sei ein wichtiges Bollwerk gegen den radikalen Islamismus in der Region, hat man Menschenrechtsverletzungen und Korruption bis zum Schluss kritiklos hingenommen.
Elysée-Palast: Minimalreaktion
Während US-Präsident Obama gestern den Mut des tunesischen Volkes begrüßte und in Paris und anderen französischen Städten tausende Tunesier mit Hupkonzerten Ben Alis Abgang feierten , beschränkte sich der Elysée-Palast auf ein trockenes Kommuniqué , wonach Frankreich die verfassungsmäßige Übergangslösung in Tunesien zur Kenntnis nehme und eine Beruhigung der Lage und ein Ende der Gewalttätigkeiten wünsche. Noch weniger hätte Paris kaum tun können.
Einreise Ben Alis abgelehnt
Immerhin hat man es gestern Abend dann doch abgelehnt, den fliehenden tunesischen Präsidenten auf französischem Territorium zu empfangen, mit dem Argument - so eine nicht näher genannte Regierungsquelle - dass in Frankreich rund eine Million Tunesier lebten, die meisten von ihnen seien gegen Ex-Präsident Ben Ali. Andere Quellen sprachen davon, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy persönlich habe dem tunesischen Ex-Präsidenten die Einreise verweigert.