Beide aufeinander angewiesen

Keine Annäherung zu erwarten

Chinas Staatschef Hu Jintao trifft in Washington Präsident Barack Obama zu einem viel beachteten Gipfel. Der soll nicht weniger bewirken, als die chinesisch-amerikanischen Beziehungen auf ein neues Fundament zu stellen. Viel steht auf dem Spiel, und Chinas Medien kennen schon seit Tagen kein anderes Thema mehr. Klar ist, dass China im Währungsstreit nicht nachgeben wird.

Mittagsjournal, 19.01.2011

Neues chinesisches Selbstbewusstsein

Mit historischen Vergleichen wird dieser Tage in Chinas Medien nicht gerade sparsam umgegangen. Der Gipfel in Washington sei der wichtigste seit drei Jahrzehnten, ist da zu lesen. Also seit Deng Xiaoping, der Architekt der wirtschaftlichen Öffnung Chinas, als erster Führer der Volksrepublik die USA besucht hat. 31 Jahre später ist China zu einer wirtschaftlichen Großmacht geworden, die auch politisch rasant an Einfluss gewinnt. Die jüngste Aussage von Präsident Hu, die Dollar-Dominanz sei ein Produkt der Vergangenheit, und die USA und andere sollten die Mentalität des Kalten Krieges ablegen, belegt das neue chinesische Selbstbewusstsein. Und immer wieder betont die chinesische Seite, dass man an Konflikten nicht interessiert sei, dass sich vom Aufstieg Chinas niemand bedroht fühlen müsse, und dass China - anders als die USA - nicht nach globaler Hegemonie streben würde.

"Misstrauen der USA wächst"

Der Politologe Cui Lei, der die chinesische Regierung in außenpolitischen Fragen berät, bekräftigt diese Haltung im ORF-Interview. "China wird künftig machtbewusster auftreten. Dass heißt aber nicht, dass wir anderen Ländern unseren Willen aufzwingen wollen. Das Problem ist derzeit, dass die USA aufgrund der Krise an Selbstvertrauen verlieren und so das Misstrauen gegenüber China wächst. Wir haben unsere Politik nicht geändert. Wir treten international nicht lautstark auf. Und werden das auch künftig nicht tun."

Vorwurf gegen US-Notenbank

Doch amerikanischen Forderungen wird sich Chinas Präsident beim Gipfel in Washington keinesfalls beugen. Die Liste der Streitthemen ist lange. Die USA verärgern China durch Waffenlieferungen an Taiwan oder durch wiederholte Seemanöver mit dem Verbündeten Südkorea unweit der chinesischen Küste. Für den meisten Ärger sorgt aber die Kritik an Chinas Währungspolitik, China würde den Yuan bewusst niedrig halten, um die USA mit Billigprodukten zu überschwemmen. Chinesische Ökonomen wie Cao Honghui von der Akademie für Sozialwissenschaften in Peking halten dieses Argument für falsch: "Es ist geradezu lächerlich, dass die Amerikaner glauben, alle ihre Handelsprobleme damit erklären zu können, dass wir angeblich unsere Währung künstlich niedrig halten. China verfügt über billige Arbeitskräfte und wir sind deshalb wettbewerbsfähig. Das wahre Problem ist, dass die amerikanische Notenbank zu viel Geld in Umlauf bringt, dass die Amerikaner mit billigen Krediten zu viel konsumieren - darunter auch unsere Produkte."

China wird unnachgiebig bleiben

Präsident Hu Jintao wird beim Währungsstreit in Washington hart bleiben - kein Wunder. China hält als größter Gläubiger der USA amerikanische Staatsanleihen im Wert von fast einer Billion Dollar. Die würden an Wert verlieren, wenn China deutlich aufwertet. Und die Führung in Peking verweist auch auf massive soziale Probleme, die eine Aufwertung der Währung bringen würde, auf Millionen Arbeitslose, die ein Einbruch der chinesischen Exportwirtschaft bedeuten könnte.

Aufeinander angewiesen

Beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Auch außenpolitisch brauchen die USA China. So geht es etwa darum, das unberechenbare Regime in Nordkorea in Zaum zu halten. Und so geht in Washington aus chinesischer Sicht vor allem darum ein Fundament des Vertrauens zu schaffen, auf dass die aufsteigende Großmacht mit der alten Supermacht künftig friedlich nebeneinander existieren kann.