Cornelius Obonya ist Schauspieler des Jahres 2010

Der Stimmkünstler

Er ist eine der Stimmen des Kultursenders Ö1. Das Hörspiel-Regieteam hat, gemeinsam mit der Redaktion, Cornelius Obonya zum "Schauspieler des Jahres 2010" gewählt. Die Ehrung findet im Rahmen der "Langen Nacht des Hörspiels" am 25. Februar 2011 im Wiener Funkhaus statt.

Wäre er Sänger, würde man wohl zu allererst sein Timbre rühmen und den besonderen Schmelz der Stimme. Doch Cornelius Obonya ist, trotz gelegentlicher Ausflüge ins Musiktheater, Schauspieler. Und da reichen "Timbre" und "Schmelz" allein, wie übrigens auch bei Sängern, keineswegs. Was ihn darüber hinaus auszeichnet, ist diese ungeheure Präzision, diese Selbstverständlichkeit, mit der er sein Handwerk beherrscht und selbst schwierigste Texte leicht, flockig und unangestrengt erscheinen lässt.

Überragende Sprechtechnik

Die Antwort auf die Frage, wie und wo er denn seine überragende Sprechtechnik erlernt habe, fällt daher überraschend aus. "Gar nicht", sagt Cornelius Obonya knapp und umstandslos. Er habe, erklärt er dem verdutzten Interviewer, schlicht und einfach "gar nicht" sprechen gelernt. Zumindest nicht im Sinne einer fundierten Sprechausbildung, wie Schauspieler sie üblicherweise absolvieren. Er habe weder Diphthonge gelernt noch Vokale, weder Atemtechnik noch Artikulation. Aber irgendwoher, insistiert der Interviewer, müsse seine makellose Sprechkunst doch wohl kommen.

"Von den Eltern", sagt der 1969 in Wien geborene Cornelius Obonya, während er im KulturCafe des ORF-Funkhauses seinen Caffé Latte schlürft. Seine Eltern, Kammerschauspielerin Elisabeth Orth und der früh verstorbene Burgtheaterschauspieler Hanns Obonya, hätten von Anfang an mit ihm gesprochen. Immer sei mit ihm geredet worden. Und da er offenbar mit einem gewissen Nachahmungstalent ausgestattet sei, habe er, nolens volens, von Kindesbeinen an "richtig" sprechen gelernt.

Die Mutter habe ihm gelegentlich "Tipps" gegeben, mehr nicht. Und noch heute korrigiert sie ihn manchmal, wenn er einen Satz oder eine Pointe absaufen lässt. Geprägt, sagt der Enkel von Paula Wessely und Attila Hörbiger, habe ihn die Familie in jedem Fall. "Man bekommt einiges mit. Der Rest ist harte Arbeit."

Radio und Theater

Geprägt hat ihn aber auch jenes Medium, das er heute so meisterlich beherrscht: das Radio. Schon als Kind habe er stundenlang zugehört, beim Spielen habe er, wie in einem Live-Hörspiel, Geräusche imitiert und nicht nur von seinen Eltern, sondern auch von anderen Meistern gelernt. Er war, sagt er, völlig von Peter Matic als Synchronstimme Mahatma Gandhis in Richard Attenboroughs gleichnamigem Film fasziniert. Überhaupt habe er viel von seinem späteren Kollegen gelernt. Und vom ebenso sonoren wie kraftvollen Otto Clemens, dessen Können und Detailgenauigkeit er bis heute schätzt.

Bereits mit fünfzehn, sagt Cornelius Obonya, habe er gewusst, dass er Schauspieler werden wolle. Weniger der Stücke und des Bühnengeschehens wegen. Aber immer, wenn er seine Mutter am Burgtheater abgeholt hat, habe er in der Kantine Leute unter "Tonnen von Zigarettenrauch" heiß und heftig diskutieren sehen. Da sei ihm klar geworden, dass er das "auch unbedingt haben" wolle, "toller Job". Aufs Gymnasium habe er dann "souverän gepfiffen", auch im Reinhardt-Seminar hielt es ihn bloß ein Jahr. Das Seminar, sagt er, sei für ihn "tödlich" gewesen. Gelernt habe er nichts. Und was er konnte, habe man ihm ausgetrieben. Gelernt hat er allerdings bei einer anderen Größe der Wiener Bühnenwelt: bei Gerhard Bronner. "Von ihm habe ich eigentlich am meisten profitiert." Nach der Lehrzeit in der alten Marietta-Bar, wo die Bedingungen mitunter chaotisch und Erfolge eine Überlebensfrage waren, geht es für Cornelius Obonya Schlag auf Schlag.

1989, als 20-jähriger, wird er unter der Direktion von Emmy Werner am Wiener Volkstheater engagiert. 1992 geht er nach Berlin und spielt sieben Jahre lang an der legendären Schaubühne am Lehniner Platz. Er arbeitet mit Regisseuren wie Klaus Michael Grüber, Luc Bondy oder Robert Wilson. Im Jahr 2000 kehrt er schließlich nach Wien zurück. Als Ensemblemitglied des Burgtheaters spielt er unter anderem Tschechow, Lessing und Tennessee Williams, arbeitet - wie schon in Berlin - mit Andrea Breth und tritt als Frosch in der "Fledermaus" in der Wiener Staatsoper auf. Weil er unbedingt das Angebot, die Hauptrolle in dem Broadway-Musical "The Producers" im Wiener Ronacher annehmen will, verlässt Cornelius Obonya nach acht Jahren das Burgtheater und wird freier Schauspieler.

Cordoba

"Ich mag diese Wechsel", sagt er, wenngleich, nach den sicheren Jahren an der Burg, eine gewisse "Existenzangst" nicht zu leugnen sei. Doch die Rechnung geht auf. Als im Februar 2010 "Cordoba", eine Satire von Rupert Henning und Florian Scheuba über das Verhältnis der "verfreundeten Nachbarn" Deutschland und Österreich, im Rabenhof uraufgeführt wird, überschlägt sich die Kritik förmlich vor Begeisterung. "Brillant und atemberaubend" jubelt das "profil", "Der Standard" spricht von einem "überwältigenden Darsteller" und Ö1 berichtet von einer "Ein-Mann-Show für den Ausnahmeschauspieler Cornelius Obonya". Der ehemalige Burgschauspieler schlüpft in "Cordoba" in rasantem Wechsel in 24 Rollen und "begeistert mit seiner Fähigkeit, in Sekundenschnelle zwischen Charakteren und Dialekten zu wechseln" ("Die Presse"). Seither gibt es kein Halten mehr. "Cordoba" läuft auf unabsehbare Zeit vor ausverkauften Häusern, ein Ende der Erfolgsgeschichte ist bislang nicht in Sicht.

Sooft sich auch die Wirkungsstätten von Cornelius Obonya auch geändert haben mögen, einer seiner Leidenschaften ist er seit zwanzig Jahren treu geblieben: dem Radio. Radio, sagt er, wollte er schon immer machen. Nicht nur Hörspiel, nicht nur Kunst und Literatur, sondern auch Dokumentationen. Denn da könne man nicht "ausbüchsen" in irgendeine Rolle. Das erste Hörspiel, das Cornelius Obonya im Wiener Funkhaus aufnahm, datiert aus dem Jahr 1991. "Rent an emotion" hieß es und stammt vom später vielfach ausgezeichneten Hörspielmacher Eberhard Petschinka. 26 weitere allein für den ORF sollten folgen. Darunter Stücke von Werner Kofler, Gerhard Rühm und Werner Schwab, Groß- und Hochglanzproduktionen nach Joseph Roth, Stendhal oder Alexandre Dumas. Dazu kommen viele Arbeiten für Berliner Sender und die gesamte ARD, in Österreich weit mehr als einhundert Aufnahmen von der "Holden Kunst" bis zu "Diagonal", "Radiogeschichten", Radiokollegs, Features und Lesungen. Cornelius Obonya ist eine der Stimmen des Kultursenders Ö1.

Das Hörspiel-Regieteam hat, gemeinsam mit der Redaktion, Cornelius Obonya zum "Schauspieler des Jahres 2010" gewählt. Die Ehrung findet im Rahmen der "Langen Nacht des Hörspiels" am 25. Februar 2011 im Wiener Funkhaus statt. Wir freuen uns – und gratulieren herzlich.