Zahl der Opfer steigt

Weiter Proteste gegen Mubarak

Ägyptens Präsident Mubarak will eine neue Regierung einsetzen, um damit den Demonstrationen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch die Demonstranten wollen sich mit weniger als dem Rücktritt Mubaraks nicht zufrieden geben. Es wird weiter demonstriert. Die bisherigen Unruhen haben weiter mehr Opfer gefordert als offiziell angegeben.

Stimmungsbericht aus Kairo

Mittagsjournal, 29.01.2011

Demonstranten feiern Etappensieg

Während sich in Kairo am Vormittag Kolonnen von Touristenbussen Richtung Flughafen aufmachten, versammelten sich auf dem zentralen Platz Tahrir wieder Demonstranten. Sie rufen "Nieder mit Mubarak", alles in Anwesenheit des Militärs. Einige Demonstranten schütteln Soldaten freudig die Hände, andere vor allem die ganz jungen posieren vor den Panzern, lassen mit ihren Handys Erinnerungsfotos schießen. Die Polizei ist weg, das Militär hat das Sagen. Das feiern die Demonstranten als Etappensieg.

Handynetze gehen wieder - Protestaufrufe per SMS

Karim El Gawhary im Ö1 Mittagsjournal-Gespräch am 29.01.2011 mit Udo Bachmair

Schwere Zwischenfälle

In der ägyptischen Hafenstadt Ismailiya ist es am Samstag nach Angaben von Augenzeugen zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Tausende Hafenarbeiter waren demnach in der Stadt am Suezkanal auf der Straße. Die Polizei setzte Gummigeschoße und Tränengas gegen sie ein.

Wer zieht die Fäden?

Mit ausländischen Journalisten wollen die wenigsten sprechen. Was sie zur gestrigen Rede von Mubarak sagen, wollen wir wissen, ein älterer Herr winkt ab, zu Mubaraks Rede werden wir nichts erfahren – nur so viel: Das Volk wird sprechen. Nach diesem kurzen Interview sind wir dann auch gleich umzingelt von Menschen, die uns höflich, aber bestimmt auffordern zu gehen. Ansonsten werde man uns die TV- und Radioausrüstung abnehmen. Es liegt Spannung in der Luft. Wer hinter diesen Anweisungen steckt, ist unklar – genauso unklar, was die kommenden Stunden auf Ägyptens Straßen bringen werden.

Plünderungen

Am Stadtrand von Kairo wurde am Samstag ein Supermarkt geplündert. Dutzende Menschen rannten mit gestohlenen Artikeln durch die Straßen am Rande des von vielen Ausländern bewohnten Viertels Maadi. Am späten Freitagabend hatte es auch in anderen Stadtteilen von Kairo Plünderungen gegeben.

Viele Tote

Die Zahl der Todesopfer dürfte deutlich höher liegen als bisher bekannt. Nach offiziellen Angaben vom Samstag ist sie auf 35 gestiegen. Bisher war von offizieller Seite stets von acht Toten die Rede. Doch nach Angaben eines Kairoer Spitals wurden allein dort im Lauf des Freitagabends 30 Tote eingeliefert, darunter zwei Kinder. Auch aus Alexandria werden weitere 20 Tote gemeldet.

Mittagsjournal, 29.01.2011

Überblick über die Lage in Ägypten

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