Friedlicher Übergang möglich

Politologe: Militär hat die Macht

Es sei das Militär gewesen, das Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak letztlich zu seiner Rückzugsankündigung bewogen hat, meint Volker Perthes von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Und Perthes erwartet eine friedlichen Übergang zur Demokratie. Allerdings müssten sich die Oppositionsparteien erst formieren.

"Mubarak geht es nur mehr um sein Schicksal"

Volker Perthes von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik im Mittagsjournal-Gespräch am 02.02.2011 mit Andrea Maiwald

Militär regiert bereits

Volker Perthes meint, die aktuellen Gegendemonstrationen in Kairo seien "Nachhutgefechte". Das Militär habe schon weitgehend die Macht übernommen. Die bestimmenden Leute seien nun der neue Vizepräsident, der Geheimdienstchef und der neue Ministerpräsident, also zwei Militärs. Mubarak gehe es jetzt nur mehr um sein persönliches Schicksal. Perthes geht auch davon aus, dass es das Militär war, das Mubarak letztlich zu seiner Rückzugsankündigung bewegt hat.

Niemand will ein Chaos

Perthes hält einen friedlichen Übergang zumindest für möglich. Es dürfte einen großen Konsens geben zwischen der militärischen Führung und einem großen Teil derer, die jetzt auf der Straße sind, wie Mohammed ElBaradei oder selbst den Moslembrüdern. Niemand will, dass das Land auseinanderbricht und dass es Chaos und Regierungslosigkeit gibt. Perthes glaubt auch nicht, dass Mubarak tatsächlich noch bis September bleibt, sondern dass er etwa wegen eines "Herzleidens" zurücktreten könnte. An den Verhandlungen, ob die vergangenen Parlamentswahlen annulliert werden und welche Parteien, die bisher verboten waren, wieder zugelassen werden, wird Mubarak jedenfalls kaum noch beteiligt sein.

"Schwache Parteien mit alten Männern"

Die Opposition muss sich allerdings erst einmal formieren, so Perthes: "Wir haben bisher ein paar sehr schwache alte Parteien, das sind auch alte Männer, ähnlich wie Mubarak." Die stärkste organisierte Oppositionskraft Ägyptens seien die Moslembrüder. Doch wie stark sie wirklich sind, werde sich erst zeigen, wenn es weltliche Alternativen gibt und sich Parteien neu und frei gründen können. Perthes schätzt den erzielbaren Stimmenanteil der Moslembrüder in freien Wahlen auf 25 bis 25 Prozent.

"Generation 2011"

Dass sich die Proteste über Tunesien und Ägypten auf die gesamte arabische Welt ausbreiten, führt Perthes darauf zurück, dass man es mit einer neuen Generation von Menschen zu tun habe. "Es gibt hier eine neue Genration, die wir vielleicht die '2011er' nennen können, so wie wir in Europa von den 68ern reden." Die Skepsis Israels gegenüber der Reformbewegung findet Perthes für unangebracht. Die Zeichen stünden auf mehr Pluralität, Liberalität und Demokratie. Leute wie Muabark hhätten bisher eher Stagnation gebracht als Stabilität.