Große Schäden durch Plünderungen
Kunstwerke in Gefahr
Erst letzte Nacht gab es am Tahrir-Platz wieder Schüsse in der Nähe des Ägyptischen Museums. Dieses Museum ist der Gral ägyptischer Kultur und Tradition. Umso schlimmer waren in den ersten Tagen des Protestes die Überfälle auf dieses Haus, das seither unter dem besonderen Schutz des Militärs steht.
8. April 2017, 21:58
Die Demonstranten selbst hatten sich für die Kunstschätze stark gemacht: "Stürzt Mubarak, aber nicht unsere Geschichte", war die Parole. Wie groß sind nun die Beschädigungen wirklich?
Mittagsjournal, 07.02.2011
Freigelassene Häftlinge als Plünderer
Zehn Tage, nachdem die Plünderungen in ägyptische Museen und Ausgrabungsstätten begonnen haben, sei der Schaden noch kaum abschätzbar, sagt Wafaa el-Saddik. Im Ägyptischen Museum in Kairo, das sie selbst bis letzten Dezember geleitet hat, habe man bisher nur in groben Zügen die Folgen der Plünderungen begutachten können.
Die Täter waren nicht, wie zuerst gemeldet, die Museumswärter, sondern freigelassene Häftlinge. Jemand wollte Chaos stiften, so el-Saddik. Ob Ägyptens Präsident Hosni Mubarak dahinterstecke, sei schwer zu sagen. Doch derselbe, der die Gefängnistore geöffnet und die Polizisten aus den Städten abgezogen hat, sei auch für die Plünderungen an den Kulturschätzen verantwortlich, so die Archäologin.
Wafaa el-Saddik, die 15 Jahre in Deutschland gelebt und in Wien ihren Doktor gemacht hat, hält sich derzeit in Köln auf und beobachtet die aktuellen Entwicklungen. Auch mit anderen Museumsdirektoren ist sie in Kontakt. Derzeit seien die Häuser geschlossen und unter militärischer Bewachung, so el-Saddik.
Verkauf ins Ausland möglich
Schlimmer als das Nationalmuseum in Kairo hat es andere Kulturstätten erwischt. In Kantara beim Suezkanal sei ein Lager für antike Kunstgegenstände geplündert worden, zwei Drittel der geraubten Güter seien aber wieder zurückgegeben worden. Allerdings befürchtet die Archäologin, dass die Kunsträuber nun versuchen, die Objekte im Ausland zu verkaufen.
Internationale Solidarität sei jetzt Gebot der Stunde, so Wafaa el-Saddik. Die Kulturstätten Ägyptens seien auf die Weltkulturorganisation UNESCO und Museen auf der ganzen Welt angewiesen, um die entstandenen Schäden soweit es geht zu beheben.