Politiker weltweit lavieren herum

Internationale Reaktionen

Vielfältig sind die weltweiten Reaktionen auf die sich überschlagenden Ereignisse in Ägypten: Israel, als Nachbar Ägyptens, fürchtet Auswirkungen, die EU scheint hilfsloser denn je und die USA zeigen sich enttäuscht über den "abgesagten" Abgang Hosni Mubaraks. Allen gemeinsam ist: Alle lavieren herum.

Mittagsjournal, 11.02.2011

Reaktionen aus Israel

Israel in "erster Reihe fußfrei"

Die Israelis sind bei den Revolten und Revolutionen in der Region nur Zaungäste, aber sie haben natürlich das Gefühl, in der ersten Reihe zu stehen. Besonders das, was beim größten und wichtigsten Nachbarn Ägypten passiert, könnte ernste Auswirkungen auf Israels strategische Position haben.

Regierung laviert herum

Vorläufig laviert die israelische Führung weiter: Sie kann sich natürlich nicht gegen Forderungen nach Freiheit und Demokratie aussprechen. Premier Benjamin Netanjahu warnt aber in deutlichen Worten vor zu raschen Veränderungen: "Es ist uns sehr wichtig, dass die Stabilität erhalten bleibt und auch dass der Frieden erhalten bleibt. Wir erwarten von jeder Regierung, die Ägypten führen wird, dass sie den Friedensvertrag mit Israel einhält. Das ist ein wichtiges Gut für die Welt, für den Nahen Osten, für Israel, und auch für Ägypten."

Suleiman in Israel gut bekannt

Von der Formel, die Präsident Hosni Mubarak gestern Abend präsentierte, ist man in Israel nicht allzu sehr überrascht. Experten hatten damit gerechnet, dass Mubarak die praktischen Amtsgeschäfte abgeben würde, formal aber im Amt bleiben würde, um das Gesicht zu wahren. Mit dem Mann, der Ägypten jetzt vielleicht durch die ganze Übergangsperiode führen wird, können die Israelis sicher sehr gut Leben. Mubarak hat Israel nie selbst besucht, sondern wenn nötig immer den diskreten Omar Suleiman hergeschickt. Der nunmehrige Vizepräsident hat in Israel also viele Bekannte.

Mittagsjournal, 11.02.2011

Reaktion der EU

EU enttäuscht über Mubaraks Rede

Bereits in der Nacht hat EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton die Enttäuschung der Europäer über den letzten Schachzug zu Hosni Mubaraks zum Ausdruck gebracht. Noch habe die Rede des Präsidenten den Weg zu raschen und tiefgreifenden Reformen nicht freigemacht, so Ashton.

Ashton wollte nach Ägypten reisen

Die Europäer fordern eine Aufhebung des Ausnahmezustandes. Eine aus allen demokratischen Kräften zusammengesetzte Übergangregierung soll freie Wahlen vorbereiten. Eine für nächste Woche geplante Reise nach Ägypten muss die Hohe Repräsentantin verschieben, weil der ägyptische Außenminister zur Zeit keine ausländischen Gäste empfangen will.

Autoritäre Regime als Bollwerk gegen Fundamentalismus

Jeden Tag distanzieren sich die Europäer deutlicher von einem Regime, das lange zu den wichtigsten Bündnispartnern in Nordafrika gehört hat. Formal ist Hosni Mubarak nach wie vor gemeinsam mit Frankreichs Präsident Sarkozy Vorsitzender der sogenannten Mittelmeerunion, die theoretisch helfen soll die Anrainerstaaten des Mittelmeeres an die Europäische Union heranzuführen. Die Europäer sahen in den autoritären Regimen der arabischen Welt ein Bollwerk gegen den islamischen Fundamentalismus.

Finanzielle Hilfe von EU hat kaum etwas bewirkt

In den vergangenen Jahren sind Hunderte Millionen Euro in das mit dem Westen eng verbündete Regime in Kairo investiert worden, damit staatliche Strukturen besser funktionieren und rechtsstaatliche Grundideen Fuß fassen. Jetzt hat die ägyptische Demokratiebewegung innerhalb von wenigen Tagen mehr an politischen Freiheiten geschaffen, als manch gutgemeinte Ratschläge aus den europäischen Hauptstädten in Jahren.

Europa hat keinen Einfluss

Catherine Ashton bleibt nur mehr die Versicherung, die Europäische Union und das ägyptische Volk teilen das Ziel eines geordneten und unumkehrbaren Übergangs zur Demokratie. Tatsächliche Mittel um einzugreifen haben die Europäer keine.

Mittagsjournal, 11.02.2011

Reaktionen aus den USA

Obama fehlenden Weg Richtung Demokratie

US-Präsident Barack Obama wird langsam ungeduldig. Nach der Rede von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak fand Obama die bisher schärfsten Worte in Richtung ägyptische Führung.

In einem schriftlichen Statement kritisierte der US-Präsident, dass die ägyptische Führung dem Volk keine Klarheit oder einen konkreten Weg zur Demokratie aufgezeigt habe. Zu viele Ägypter seien nicht überzeugt worden, dass die Regierung ernsthaft an einem Übergang zur Demokratie arbeite. Es sei die Verantwortung der ägyptischen Regierung klar zu seinem Volk und zur Welt zu sprechen. Obama schreibt, dass bisher nicht erkennbar sei, dass der Übergang zur Demokratie in Ägypten sofort, entscheidend oder ausreichend begonnen habe.

Falsche Erwartung

Noch gestern Abend vor Mubaraks TV-Ansprache hatte sich der Präsident Obama erwartungsvoll geäußert: "Eines ist klar: Wir sind Zeugen, wie gerade Geschichte geschrieben wird. Das ist ein Moment der Transformation.", sagte US-Präsident Barack Obama gestern.

Kurz zuvor hatte CIA-Chef Leon Panetta öffentlich gesagt, dass Präsident Mubarak vielleicht schon in den nächsten Stunden zurücktreten könnte. Die TV-Ansprache Mubaraks löste auch in den USA Enttäuschung aus.